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Anhänger der «Nein»-Bewegung protestieren in Istanbul mit Porträts des Staatsgründers Atatürk gegen das Ergebnis des Referendums.

© Lefteris Pitarakis/AP/dpa

Verfassungsreferendum: Türkische Opposition scheitert vor Verwaltungsgericht

Die türkische Opposition will eine Annullierung des Verfassungsreferendums erreichen. Nun lehnt das oberste Verwaltungsgericht eine Beschwerde ab. Aus Sicht der Regierung war das absehbar.

Nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum in der Türkei ist die Opposition mit ihrer Beschwerde gegen die Wahlkommission vor dem obersten Verwaltungsgericht gescheitert. Der Staatsrat in Ankara lehnte den entsprechenden Antrag der größten Oppositionspartei CHP am Dienstag ab und erklärte sich für nicht zuständig, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Eine schriftliche Begründung wolle das Gericht nachreichen. Die Entscheidung sei mit vier gegen einer Stimme gefallen.

Die CHP hatte Beschwerde beim Staatsrat gegen die Entscheidung der Wahlkommission (YSK) eingelegt, bei dem Referendum am 16. April auch nicht gestempelte Stimmzettel und Umschläge als gültig zu zählen. Zudem wollte die CHP erreichen, dass das amtliche Endergebnis wegen Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung zunächst nicht verkündet wird. Auch regierungskritische Wahlbeobachter der zivilgesellschaftlichen Organisation „Hayir ve Ötesi“ („Nein und mehr“), kritisierten die Entscheidung der YSK bezüglich der Stimmzettel. In einem am Dienstag in Istanbul veröffentlichten Bericht hieß es, diese Entscheidung sei gesetzeswidrig und alleine schon Grund genug, für die Annullierung des Referendums.

Zudem habe es massive Unregelmäßigkeiten vor allem im Südosten der Türkei gegeben. In „tausenden Fällen“ sei außerhalb der Wahllokale abgestimmt und Wähler dazu gezwungen worden, ihre Stimmabgabe offenzulegen, hieß es. In den Ost- und Südostprovinzen hätten Sicherheitskräfte sich „offenkundig in die Stimmabgabe der Bürger eingemischt.“ Die regierungskritische Organisation, die nach eigenen Angaben die Abstimmung mit rund 15.000 Freiwilligen beobachtete, kam zu dem Schluss, dass die Volksabstimmung „nach allen rechtlichen Maßstäben ungültig“ sei.

Auch die EU kritisiert das Zustandekommen des Ergebnisses

Auch die OSZE hatte die Durchführung der Abstimmungen in der Türkei kritisiert. Der Chef der OSZE-Wahlbeobachter, Michael Georg Link, sah in den nicht abgestempelten Stimmzetteln „einen Verstoß gegen türkisches Recht“. Auch er hatte kritisiert, von einer Kooperation der türkischen Regierung zur Klärung der Vorwürfe „kann leider keine Rede sein“.

Nach dem vorläufigen Ergebnis stimmten bei dem Referendum 51,4 Prozent der wahlberechtigten Türken für die Einführung eines Präsidialsystem, das Staatschef Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Vergangene Woche hatte die Wahlkommission Anträge der Opposition auf Annullierung der Abstimmung abgelehnt. Erdogan und Justizminister Bekir Bozdag hatten Beschwerden der Opposition als aussichtslos bezeichnet, weil Entscheidungen der Wahlkommission endgültig seien und nicht vor Gerichten angefochten werden könnten. Die CHP hatte dennoch angekündigt, juristisch durch alle Instanzen gegen das Referendum vorgehen zu wollen. (dpa, Tsp)

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