zum Hauptinhalt
Irritiert: US-Präsident Donald Trump

© dpa/AP/Evan Vucci

US-Präsident Donald Trump: Verfluchte Verflechtungen der Weltpolitik

Vom Flynn-Debakel bis zum Netanjahu-Besuch: In Donald Trumps Welt soll das Gegenteil des Richtigen richtig sein. Das kann nicht lange gutgehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten. Das stammt von Kurt Tucholsky und trifft auch auf die Weltpolitik zu. Sie ist verflochten. Wird an einer Stelle der Druck erhöht, entsteht Gegendruck an einer anderen. Es ist zum Haare raufen.

An diesem Mittwoch kommt Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ins Weiße Haus. Er wird in Donald Trump einen Verbündeten suchen, um das iranische Mullah-Regime zu attackieren. Seit 25 Jahren warnt Netanjahu vor dem Iran. Der US-Präsident scheint dafür ein offenes Ohr zu haben. Das Atomabkommen, das die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland geschlossen haben, nennt Trump falsch. Teherans Machtausdehnung – Beirut, Damaskus, Bagdad – verstört viele Akteure in der Region, auch Saudi-Arabien.

Überlagert wird Netanjahus Besuch von den Nachwirkungen des Rücktritts von Trumps Sicherheitsberater, Michael Flynn. Der hatte, noch vor Trumps Inauguration, mit dem russischen Botschafter telefoniert, dessen Telefonate routinemäßig von amerikanischen Geheimdienstlern abgehört werden. Dabei kam heraus, dass Flynn über die Gesprächsinhalte nicht die volle Wahrheit gesagt hatte. Seine Demission war alternativlos.

An diesem Punkt kommen die verfluchten Verflechtungen ins Spiel. Trump würde wohl gerne Netanjahu in Bezug auf den Iran folgen. Allerdings will er auch die Beziehungen zu Russlands Wladimir Putin verbessern, um den „radikalen islamischen Terrorismus“ – genauer: den „Islamischen Staat“ (IS) – zu bekämpfen. Doch Russland und der Iran bilden, gemeinsam mit Syriens Diktator Baschar al-Assad, eine Front gegen den IS. Russland hat kein Interesse daran, die Seiten zu wechseln oder gar auf Konfrontation zum Iran zu gehen.

Der globale Führer einer anti-globalistischen Bewegung

Überdies wird man im Kreml zunehmend nervös über den neuen Mann im Weißen Haus, der damit kokettiert, der globale Führer einer anti-globalistischen Bewegung zu sein. Der Rücktritt Flynns wird als Indiz dafür gewertet, dass selbst in der Trump-Regierung die Gegner Russlands in den USA wieder Oberwasser bekommen. Außerdem bedrohen Trumps disruptive Qualitäten jene globale Stabilität, die ein Putin braucht, um selber seine Macht ausdehnen zu können. Moskau wird sich weder in eine Anti-China-Koalition einbinden lassen noch Verständnis aufbringen für den Schwenk in Trumps Rhetorik gegenüber der Nato, die er zunächst „obsolet“ nannte, der er inzwischen aber seine „starke Unterstützung“ zusichert.

Trump lernt, wenn überhaupt, dann durch Fehler wie dem Einreisestopp-Dekret oder der Ernennung Flynns. Eine andere Quelle seiner Einsichten könnten die Widersprüche sein, in die er sich durch seine vollmundigen Ankündigungen verstrickt. Ein billionenschweres Infrastrukturprogramm widerspricht dem Versprechen, die Haushaltsschulden abzubauen. „America first“ widerspricht dem Versprechen, militärisch zu intervenieren, um den IS zu besiegen. Und und und. Was die Weltpolitik angeht, so ist sie eben verflochten.

Zur Startseite