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Laut US-Geheimdiensten hat Russlands Präsident Wladimir Putin Einfluss auf den Wahlerfolg von Donald Trump genommen.

© AFP

US-Geheimdienste warnen: Kreml könnte weitere Wahlen im Westen ins Visier nehmen

In ihrem Abschlussbericht warnen die US-Geheimdienste davor, dass Russland versuchen wird, auch andere westliche Wahlen zu beeinflussen. Ex-Kanzler Gerhard Schröder taucht in dem Bericht ebenfalls auf.

Nach den russischen Einflussversuchen bei der US-Präsidentschaftswahl im November ist nach Erkenntnissen amerikanischer Geheimdienste mit ähnlichen Aktionen des Kreml auch bei Wahlen in anderen westlichen Staaten zu rechnen. Moskau werde aus den Erfahrungen lernen, um sie weltweit einzusetzen, „auch gegen US-Partner und deren Wahlvorgänge“, warnten die US-Geheimdienste CIA, FBI und NSA in einem gemeinsamen Bericht. Das dürfte neue Fragen hinsichtlich der anstehenden Bundestagswahl aufwerfen. Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder taucht in dem Bericht als warnendes Beispiel für einen Russland-freundlichen westlichen Politiker auf.

Laut dem 25-seitigen Bericht besteht für die amerikanischen Agenten kein Zweifel daran, dass Russland auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin versuchte, das Ergebnis der amerikanischen Präsidentenwahl zu beeinflussen. Ziel sei es gewesen, die demokratische Kandidatin Hillary Clinton schlecht aussehen zu lassen. „Nach unserer Einschätzung entwickelten Putin und die russische Regierung eine klare Präferenz für den designierten Präsidenten Trump“, heißt es in dem Bericht, in dem Ex-Außenamtschefin Clinton als „Ministerin“ tituliert wird.

Zwei Sätze später werden die Spionage-Organisationen in ihrem Report noch deutlicher: „Putin und die russische Regierung strebten laut unserer Einschätzung an, die Wahlchancen des designierten Präsidenten Trump wenn möglich durch eine Diskreditierung von Ministerin Clinton und einen für sie unvorteilhaften öffentlichen Vergleich mit ihm zu verbessern.“

Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wird als Beispiel von US-Geheimdiensten genannt

Der russische Präsident habe Trump wegen dessen pro-russischen Aussagen und wegen den Geschäftsinteressen des Immobilienmilliardärs für einen besseren Partner gehalten als Clinton, hebt der Bericht hervor. „Putin hat viele positive Erfahrungen mit westlichen Spitzenpolitikern, die wegen ihrer Geschäftsinteressen gegenüber Russland aufgeschlossener sind, wie der frühere italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder.“

Zu den Methoden der Russen gehörten laut dem Bericht der Hackerangriff auf Clintons Demokratische Partei, der im Juli 2015 begann und bis mindestens Juni 2016 andauerte. Das bei den Demokraten gestohlene Material – darunter Mails von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta – sei vom russischen Militärgeheimdienst GRU an Wikileaks weitergeleitet und von der Enthüllungsplattform veröffentlicht worden. Wikileaks-Gründer Julian Assange hatte erst vor wenigen Tagen betont, das Material sei nicht von Russland zur Verfügung gestellt worden.

Die veröffentlichten Mails rückten die ohnehin um ihre Glaubwürdigkeit kämpfende Clinton in ein schlechtes Licht, etwa durch die Nachricht, dass sie von der Parteiführung der Demokraten gegenüber ihrem innerparteilichen Gegner Bernie Sanders Steine bevorzugt wurde. Trump nutzte dies im Wahlkampf für sich aus. Begleitet wurden die Hackerangriffe laut den US-Geheimdiensten durch eine massive und Trump-freundliche Medienkampagne des Kreml.

"Neue Normalität" russischer Manipulationsversuche

Russische Geheimdienste betrachteten den Einsatz gegen Clinton zumindest als Teilerfolg, weshalb weitere Einmischungen bei künftigen Wahlen im Westen zu erwartet seien, warnt der Bericht: Die Aktion in den USA signalisiere eine „neue Normalität“ russischer Manipulationsversuche. US-Medien berichteten, im nicht-öffentlichen Teil des Berichts sei unter anderem von russischen Geheimdienstlern die Rede, die sich nach Trumps Sieg gegenseitig gratuliert hätten.

Trump selbst, der die Berichte über die russische Aktion bisher als „lächerlich“ zurückgewiesen hatte, räumte nach einer Unterrichtung durch die Geheimdienste am Freitag erstmals ein, dass es die Einmischungsversuche gab. Russland, China und andere Akteuren griffen die Cyber-Infrastruktur der USA sowie Institutionen wie die Demokratische Partei an, erklärte er. Die russische Intervention habe jedoch „absolut keinen Einfluss“ auf den Ausgang der Wahl vom 8. November gehabt. In einem Telefoninterview mit der "New York Times" warf er den Medien in der Angelegenheit eine "politische Hexenjagd" vor.

Es habe auch Hackerangriffe auf die Republikanische Partei gegeben, aber seine Partei habe starke Schutzmaßnahmen ergriffen und die Attacken abgewehrt, erklärte Trump. Die Geheimdienste kamen hingegen zu dem Schluss, dass Russland auch die Republikaner gehackt habe, das Material aber nicht verbreitet habe.

Trump kündigt Sofortprogramm an

Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, erklärte, offenbar habe Russland versucht, "sich in unser politisches System einzumischen". Der Geheimdienstbericht dürfe allerdings nicht dazu missbraucht werden, "den Sieg des gewählten Präsidenten zu delegitimieren".

Trump kündigte an, nach seiner Vereidigung am 20. Januar ein Sofortprogramm zur Abwehr von Cyberangriffen umsetzen. Dies solle in den ersten 90 Tagen seiner Amtszeit geschehen. Er wolle Hackerattacken auf die US-Regierung sowie Organisationen und Unternehmen in den Vereinigten Staaten "aggressiv bekämpfen und stoppen", sagte er. Einzelheiten wolle er nicht öffentlich nennen, "weil das denjenigen nutzen würde, die uns schaden wollen". (Mit AFP)

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