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Der Demokrat Jon Ossoff gewann in Georgia insgesamt rund 48 Prozent der Wählerstimmen.

© Joe Raedle/AFP

US-Demokrat Jon Ossoff: Ein Newcomer entwickelt sich zum Trump-Schreck

Der aufstrebende Demokrat Jon Ossoff hat bei einer Nachwahl im US-Bundesstaat Georgia die absolute Mehrheit nur knapp verpasst. Trumps Republikaner lehrt er das Fürchten.

Drei Monate nach seiner Amtsübernahme im Januar bekommt US-Präsident Donald Trump die Quittung für das Chaos und die Misserfolge in seiner bisherigen Regierungsarbeit. Seine Umfragewerte sind im Keller und zeigen zudem eine wachsende Unzufriedenheit mit einem Präsidenten, der viel versprochen hat und nur wenig hält. In einer Nachwahl für das Repräsentantenhaus steckten Trumps Republikaner jetzt eine viel beachtete Niederlage gegen einen Newcomer der oppositionellen Demokraten ein. Die Wahlschlappe schmerzt die Trump-Partei, die den betroffenen Wahlbezirk seit fast 40 Jahren als Erbhof betrachtet hat.

Jon Ossoff heißt der Mann, der Trump und die Republikaner das Fürchten lehrt. Der 30-Jährige, der bisher als Helfer im Kongress und als Filmemacher arbeitete, sammelte als Kandidat der Demokraten bei der Nachwahl im Sechsten Wahldistrikt im Bundesstaat Georgia mehr als acht Millionen Dollar an Wahlkampfspenden. Die Nachwahl in den wohlhabenden nördlichen Vororten von Atlanta war nötig geworden, weil der bisherige Vertreter der Region im Repräsentantenhaus, Tom Price, als Gesundheitsminister in die Trump-Regierung gewechselt war.

Ossoff verfehlt 50-Prozent-Marke nur knapp

Price hatte den Wahlkreis noch im vergangenen November mit mehr als 60 Prozent der Stimmen gewonnen – doch am Dienstag sicherte sich der bisher weitgehend unbekannte Ossoff mehr als 48 Prozent und verfehlte damit nur knapp die 50-Prozent-Marke, die für einen Erfolg in der ersten Runde der Wahl nötig gewesen wäre. Nun tritt Ossoff in der zweiten Runde im Juni gegen die Republikanerin Karen Handel, die am Dienstag lediglich 20 Prozent der Wählerstimmen gewinnen konnte. Andere republikanische Kandidaten schnitten noch schlechter ab.

Präsident Trump hatte sich seinerseits mit Twitter-Botschaften und aufgezeichneten Telefon-Appellen in den vergangenen Tagen persönlich in den Wahlkampf in Georgia eingeschaltet. Wie nicht anders zu erwarten, wertete der Präsident den Ausgang der Abstimmung nicht als Niederlage, sondern als Sieg: Die Tatsache, dass ein Durchmarsch von Ossoff verhindert wurde und ein zweiter Durchgang nötig werde, sei ein großer Erfolg für die Republikaner, erklärte der Präsident.

Neue Umfragen belegen derweil, dass die politischen Momentaufnahmen wie die nun in Georgia einen landesweiten Trend abbilden. In einer Gallup-Befragung äußerten 45 Prozent der Amerikaner die Meinung, dass Trump seine Wahlkampfversprechen hält – im Februar waren es noch 62 Prozent gewesen. Nur noch jeder Dritte empfindet den Präsidenten als vertrauenswürdigen Politiker.

Im Herbst 2018 werden 435 Mitglieder im Repräsentantenhaus neu gewählt

Während diese Umfragewerte für Trump selbst dreieinhalb Jahre vor der nächsten Präsidentenwahl nicht unbedingt beunruhigend sein müssen, sieht die Lage für viele Republikaner im Kongress anders aus. Im Herbst kommenden Jahres werden alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses und rund 30 Senatoren neu gewählt. Für die betroffenen Politiker beginnt bald der Wahlkampf – und sie müssen sich entscheiden, ob sie die Nähe zum Präsidenten suchen sollen, oder ob es bei ihren Wählern besser ankommt, wenn sie sich gegen Trump positionieren.

Solche wahltaktische Überlegungen können unmittelbare Folgen für die Trump-Regierung haben. Das Debakel der Republikaner bei der gescheiterten Abschaffung des Gesundheitssystems Obamacare hat gezeigt, wie brüchig die Mehrheiten der Trump-Partei im Kongress sind.

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