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Kinder appellierten am ersten Verhandlungstag an die Delegierten, ein gutes Abkommen zustande zu bringen.

© Reuters/Wolfgang Rattay

UN-Weltklimagipfel in Bonn: Wetterextreme nehmen weiter zu

Die Weltorganisation für Meteorologie stellt ihren vorläufigen Bericht für 2017 vor. Wieder einmal steigen die Temperaturen an.

Das Timing hatte natürlich seinen Zweck: Zum Start der Klimakonferenz in Bonn hat die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Montag einen vorläufigen Bericht zum Klima und zu Wetterereignissen 2017 vorgestellt. Demnach droht das das Jahr zu einem der drei wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu werden. Wie die WMO berichtete, lagen die Temperaturen von Januar bis September 2017 um durchschnittlich 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Lediglich im Jahr 2016 sorgte das Wetterphänomen El Niño für noch höhere Temperaturen.

Nun aber ist El Niño vorbei und trotzdem liegen die Temperaturen immer noch über den Werten der vorherigen Jahre, sagte WMO-Generalsekretär der Petteri Taalas. Bereits am Montag vergangener Woche hatte die WMO Daten zum Wetter im Jahr 2016 veröffentlicht. Demnach hat die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre den kritischen Wert von 400 Teilchen auf eine Millionen zum ersten Mal dauerhaft überschritten und ist so schnell gestiegen wie noch nie.

Die Erkenntnisse der Meteorologen für 2017 setzen die Trends der vergangenen Jahre fort: Waldbrände überall auf der Welt. Ein Temperaturrekord in Argentinien mit mehr als 46 Grad Celsius. Ozeanversauerung. Dürren in Afrika. Das zweite Jahr der Korallenbleiche im Barrier Reef in Australien. Starkregen in Sierra Leone. Schwere Zerstörungen in der Karibik durch mehrere Hurrikans, die zusammen die höchsten gemessenen ökonomischen Schäden bewirkt haben. 41 Millionen Menschen sind von Flutereignissen in Asien betroffen. 30 Prozent der Weltbevölkerung leiden unter Hitzewellen: „Es gib in allen Bereichen ein Wachstum von Zerstörungen“, sagte Taalas.

„Das Thema betrifft den Stoff des Lebens selbst“

Was Patricia Espinosa, die Generalsekretärin der Klimarahmenkonvention, mit der Platzierung am Anfang des Konferenz bezweckt, ist klar: „Das Thema betrifft jeden einzelnen von uns und den Stoff des Lebens selbst“, sie bei der Vorstellung der Studie. „Wir wollen die Verhandler motivieren, weiterzumachen mit ihren Anstrengungen, die Klimagase zu mindern“, sagte Taalas.

Schon vor einer Woche hatte die WMO die jüngsten Erkenntnisse zum Klima im Jahr 2016 präsentiert. Demnach ist die Konzentration des wichtigsten Klimagases Kohlendioxiod in der Atmosphäre 2016 schneller gestiegen als je. Und das, obwohl die Emissionen aus Industrie und Verkehr schon seit drei Jahren stagnieren. Aber die heftigen Dürren vor allem in Afrika zerstören die Vegetation, die CO2 aufnehmen und binden kann. Allein innerhalb von Somalia wurden laut der WMO 760 000 Menschen durch Dürren vertrieben.

„Die Folgen der rasanten Erderhitzung sind weltweit nicht zu übersehen“, sagte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Doch die Staaten ignorieren die nötige Konsequenz und senken ihren CO2-Ausstoß nicht so schnell, wie sie es in Paris versprochen haben. Dieser Teufelskreis muss in Bonn durchbrochen werden. Die Zeit rennt uns davon“, sagte er.

Die EU will erst einmal abwarten

Die Frage ist, ob solche Appelle helfen. Die Zeichen stehen seit Jahren auf Sturm, doch die Interessenkonflikte zwischen den Vertragsstaaten sind einfach zu groß, um ein schnelles Handeln möglich zu machen.

Das zeigte sich auch bei der Pressekonferenz der EU, die kurz vor der derjenigen der WMO stattfand. Bis 2030 will die EU ihre Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 mindern, lautet das Ziel. Doch schon 2015 hatten die EU-Mitglieder 22 Prozent geschafft. Und in Deutschland versucht man noch, 40 Prozent Minderung schon 2020 zu erreichen. Ob die EU angesichts der jüngsten Daten der Meteorologen nicht ihre Ziele erhöhen wolle, wurde Elina Bardram, Vertreterin der EU bei den Klimaverhandlungen, gefragt. Und ob man nicht auf das Mitgliedsland Polen einwirken wolle, das weiterhin an der Kohle festhalten möchte.

„Der Erfolg des Abkommens von Paris lag auch darin, dass jedes Land selbst bestimmen konnte, was es an Minderungszielen einbringen wollte“, sagte Bardram diplomatisch. Zusammen mit den Überprüfungsrunden des Klimaabkommens werde auch die EU die Steigerung der Ambitionen prüfen. Das ist aber erst ab 2023 geplant.

Im kommenden Jahr wird es noch einmal einen Report geben, der den Ehrgeiz der Nationen steigern könnte: Der Weltklimarat wird im Oktober einen Bericht darüber veröffentlichen, wie das in Paris vereinbarte 1,5-Grad- Ziel noch erreicht werden könnte. „Sie können sicher sein, dass alle gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch auf den Tisch kommen “, sagte Meelis Münt von der estnischen EU-Präsidentschaft. Doch erst einmal wolle man den Bericht abwarten und dann auf dessen Basis weiterarbeiten.

„Wir müssen bedenken, dass der Verhandlungsprozess auf wissenschaftlichen Daten beruht“, sagte Patricia Espinosa. Dann brach sie auf zu einem Treffen mit einer Delegation von Kindern aus Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland. Sie engagieren sich in Jugendgruppen bei Greenpeace und übergaben Espinosa einen Appell an die Delegierten, gemeinsam und entschlossen beim Klimaschutz voranzugehen. „Der Gedanke dahinter ist, dass bei der Konferenz vieles entschieden wird, was die Zukunft dieser Kinder betrifft“, sagte ein Sprecher von Greenpeace. Ob die Erwachsenen mit den Verhandlungen wirklich vorankommen, wird in knapp zwei Wochen feststehen.

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