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Dem Untergang geweiht. Tepuka Island gehört zum Südsee-Inselstaat Tuvalu. Der Anstieg des Meeresspiegels gefährdet diese Inseln. Auf manchen Inseln binden sich Bewohner bei Sturmwarnungen hoch oben auf Palmen fest, bis das Wasser sich wieder zurückzieht.

© AFP

Tropen besonders gefährdet: Weltbank und Klimaforscher warnen vor zu kräftiger Erderwärmung

Die Erde darf sich bis zum Jahr 2100 maximal um zwei Grad erwärmen - sonst dürften die Folgen des Klimawandels katastrophal sein. Die Weltbank und die Potsdamer Klimaforscher rechnen nicht damit, dass die Staatengemeinschaft dieses Ziel erreichen wird, und werfen einen düsteren Blick in die Zukunft.

Die Chancen, die globale Erwärmung bis 2100 unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu halten, stehen schlecht. Wie schlecht, das hat der aktuelle Weltenergieausblick der Internationalen Energieagentur (IEA) gezeigt, der erst vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist. Das Beratungsunternehmen Price-Waterhouse-Coppers (PWC) ist nur kurz vorher zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Denn im vergangenen Jahr ist die globale Kohlendioxid-Intensität der Wirtschaft lediglich um 0,7 Prozent gesunken. Bei einem Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent wuchsen die CO2-Emissionen demnach um drei Prozent. Nach PWC-Berechnungen müsste die CO2-Intensität bis 2050 um 5,1 Prozent jährlich sinken. Schon seit Jahren warnen die Vereinten Nationen, dass die aktuellen Klimaschutzzusagen der Industriestaaten und Schwellenländer zu einer globalen Erwärmung zwischen drei und 3,5 Grad führen werden – und das auch nur, wenn sie tatsächlich eingehalten werden.
Was es bedeutet, wenn die IEA und PWC recht behalten, und die Welt bis 2100 mit hoher Wahrscheinlichkeit eher vier als zwei Grad wärmer sein wird, untersucht ein Bericht, den die Weltbank und das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung am Montag veröffentlichen. In dem Bericht, der dem Tagesspiegel vorliegt, wird begründet, warum die tropischen Gebiete der Welt die schwerwiegendsten Probleme bekommen werden, wenn sich an den aktuellen Emissionstrends nichts ändert. Zwar wird die Erwärmung in den hohen Breiten am dramatischsten ausfallen. Das ist aktuell bereits in der Arktis zu beobachten, wo es in diesem Sommer weniger Meereis gab als jemals vorher, seit die Satellitenmessungen in den 70er Jahren begonnen haben. Doch die Erwärmung, die die Tropen treffen dürfte, übersteigt alles, an was sich menschliche Gesellschaften und natürliche Ökosysteme seit der Entwicklung der Menschheit haben anpassen müssen. Auch der Meeresspiegelanstieg dürfte die Tropen härter treffen als den Rest der Welt. In dem Bericht ist die Rede von einem um 15 bis 20 Prozent höheren Meeresspiegel in den Tropen. Dazu kommt, dass Teile der Tropen zu Trockengebieten zu werden drohen. Ein Vorgeschmack darauf, wie das aussehen könnte, war die Dürre 2005. Damals starben Fische, weil der Wasserspiegel der Amazonaszuflüsse und des großen Stroms selbst dramatisch gefallen war.

Was eine Erwärmung um durchschnittlich vier Grad bedeutet, zeigt ein Blick auf die bisher letzte Eiszeit. Damals lagen die globalen Temperaturen lediglich vier bis sieben Grad unter den heutigen. Der Unterschied war jedoch gewaltig. Für die Mittelmeerregion hätte diese Entwicklung vor allem in den Sommermonaten unangenehme Konsequenzen. Ein normaler Mittelmeersommer wäre dann heißer als die schlimmsten Hitzetage vergangener Hitzewellen. Selbst die kalten Monate könnten heißer ausfallen als die wärmsten Monate Ende des 20. Jahrhunderts.

Das Ökosystem mit den geringsten Überlebenschancen sind Korallenriffe. Ihnen setzen nicht nur die wärmeren Wassertemperaturen zu, die schon jetzt zu dramatischen Korallenbleichen vor allem in der Karibik beigetragen haben, sondern auch die zunehmende Ozeanversauerung. Bei etwa 2,4 Grad globaler Erwärmung dürften sich nach diesen neuen Berechnungen die Korallenriffe sogar auflösen. Schon bei 1,5 Grad Erwärmung hören sie auf zu wachsen. Für den Küstenschutz und die Versorgung mit Fischen hätte das katastrophale Folgen. Aber auch an Land ist die Lage dramatisch, wenn es um die Versorgung der Menschheit mit Wasser und Nahrungsmitteln geht.

Experimente haben gezeigt, dass die Weizen- oder Maisernte um etwa ein Prozent niedriger ausfällt, wenn die Tagestemperaturen während der Wachstumsphase bei mehr als 30 Grad Celsius liegen. Selbst wenn die Wachstumseffekte durch CO2 als Pflanzendünger mit eingerechnet würden, würden die Ernten weltweit deutlich niedriger ausfallen als heute. Dabei wäre die Versorgung der Menschheit mit Nahrungsmitteln auch ohne globale Erwärmung bereits eine „große Herausforderung“, heißt es in dem Bericht. Weltbank und PIK haben auch eine gute Nachricht. Es gibt ausreichend technische Möglichkeiten und Mittel, um die Emissionstrends rechtzeitig zu bremsen. Dazu müsste, wie die Internationale Energieagentur errechnet hat, das Potenzial für die Energieeffizienz weltweit und schnell genutzt werden. Dafür gibt es aber keinen Hinweis.

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