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Die Flaggen in Großbritannien wurden auf Halbmast gesetzt.

© dpa

Terror in London: Es ist richtig, dass die Wahlen wie geplant stattfinden

Großbritannien knickt nicht vor dem Terror ein. Am Donnerstag wird gewählt, sagt die Regierung. Gut so. Die Parlamentswahl zu verschieben, wäre das völlig falsche Signal gewesen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Nein, nicht schon wieder, das dürfte bei vielen Menschen der erste Gedanken gewesen sein, als sie von dem neuen Anschlag in London gehört haben. Noch weiß man nicht, wer die Täter sind und was sie zu ihrem grausigen Tun veranlasste, und doch setzt sich ein Muster fest. Da, wo viele Menschen sind, die feiern oder sich vergnügen, da wird zugeschlagen. Von wem auch immer.

Ein Gewöhnungseffekt? Den kann es gerade jetzt nicht geben, denn es wird gerade jetzt glasklar: Es wird nicht aufhören, der Terror ist da, und offensichtlich geht ihm der lebensmüde Nachwuchs nicht aus. Was also tun?

Den Satz, dass es 100-prozentige Sicherheit nicht geben kann, will in so einer Situation niemand hören, das weiß ja jeder. Aber die Trauer ist da, dass die Zustände, die man kannte, die einem selbstverständlich erschienen, vorbei sind. Denn das Leben im Westen, ob in Frankreich, Deutschland oder Großbritannien, war mal zumindest gefühlt 100-prozentig sicher, anders als das Leben in Israel, im Nahen Osten, in Afrika oder in Südamerika.

Wie auch in Frankreich - das Attentat auf dem Champs-Élysées - ereignet sich dieser neue Anschlag in Großbritannien, der zweite in dichter Folge, kurz vor einer großen Wahl, den Parlamentswahlen am Donnerstag. Die Parteien haben ihre Wahlkampfauftritte zunächst abgesagt, was aus Gründen der Pietät sinnvoll ist, und auch, weil es nur noch eine Frage an die Wahlkämpfer geben würde - auf die sie keine wirklich überzeugende Antwort haben: Wie stoppt ihr diesen Irrsinn?

Es wäre das völlig falsche Signal gewesen

Im Land wurde und wird auch diskutiert, ob die Wahlen verschoben werden sollten. Ob Tory oder Labour - dies sei nicht das Thema der Zeit, sondern die Frage der Sicherheit. Damit aber hätte man dem islamistischen Terror - so die Täter von gestern Abend zu ihm gehören - sehr viel Einfluss auf grundsätzliche Prinzipien der Demokratie zugestanden, die ja das Ziel seines Feldzugs ist. Wobei es fast ironisch ist, dass ausgerechnet dieser Wahltermin am Donnerstag nicht gerade Ausweis demokratischer Überzeugungen ist, war er doch von Premierministerin Theresa May überaus kurzfristig und überraschend anberaumt worden - in der Hoffnung auf eine überwältigende Mehrheit (die ihr, so die Begründung, Rückhalt bei den Brexit-Verhandlungen geben sollte).

Die Entscheidung der britischen Regierung, am Donnerstag wie geplant wählen zu lassen, ist richtig. Gerade weil sich vielleicht in das Lebensgefühl der Menschen im Westen der Zweifel schleicht, was sie sich noch trauen sollen. Was anfangs wie ein Witz klang - Feiern gegen den Terror des "Islamischen Staates"-, kann inzwischen als reale Herausforderung begriffen werden. Und nicht jeder ist zum Helden geboren, mancher hat vielleicht heute mehr Angst als früher und bleibt dann eben doch zuhause.

Umso mehr muss auf höheren Ebenen kühl und überlegt gehandelt werden. Der Staat darf gegenüber dem Terror nicht in der Form einknicken, dass er seinen Kalender nach ihm ausrichtet. Das wäre das völlig falsche Signal gewesen.

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