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Sanitäter versorgen verletzte Menschen. Auf der Flaniermeile Las Ramblas ist ein Lieferwagen in eine Menschenmenge gerast. Es hat Tote und Verletzte gegeben.

© Oriol Duran, dpa

Terror in Barcelona: "Er versuchte, so viele wie möglich zu überfahren"

Mit einem Lieferwagen fahren die Täter mit großer Geschwindigkeit fast 600 Meter über die Flaniermeile. Anschließend flüchten sie.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Terroranschlag in Barcelona finden Sie in unserem Liveblog. Hier der Bericht unseres Korrespondenten:

Terroranschlag in Spaniens Mittelmeerhauptstadt Barcelona: Ein weißer Lieferwagen überrollte am Donnerstagnachmittag auf der Hauptflaniermeile der Stadt offenbar dutzende Menschen. Berichten zufolge soll es mindestens 13 Tote und etwa 30 Verletzte geben. Offiziell bestätigt wurde dies zunächst aber nicht.

Die Ramblas waren voller Menschen

Die mörderische Horrorfahrt begann offenbar gegen 17.00 Uhr. Auf Bildern des spanischen Fernsehens, die Minuten später entstanden, sieht man, dass verletzte Personen auf dem Boden liegen, auch ein Kind ist darunter. Blutlachen sind auf dem Boden, dazwischen liegen verstreut Kleidungsstücke, Rucksäcke. Postkarten- und Souvenirständer, an denen die Touristen ihre Andenken kaufen ist umgestürzt. Man hört Schreie und Schluchzen.

Schwerbewaffnete Beamte sperren das ganze Viertel großräumig ab. Gelbe Krankenwagen bahnen sich ihren Weg zum Tatort. Ein Hubschrauber kreist über der Stadt. Geschäfte, in denen Hunderte von Personen Schutz suchten, haben die Rollläden heruntergelassen. Die Polizei bittet die Menschen über Lautsprecher und den Rundfunk, nicht ins Stadtzentrum zu gehen. Wer in der City ist, soll dort an einem sicheren Ort bleiben, heißt es.

Der weiße Lieferwagen rollte offenbar mit hoher Geschwindigkeit nahezu 600 Meter über die Ramblas, die zu dieser Zeit voller Menschen war. Auch viele Touristen befanden sich dort. Die breite Rambla, die durch Barcelonas Innenstadt bis zum Meer führt, gehört zu den beliebtesten Treffpunkten in der Stadt. In der Mitte der Allee liegt eine etwa zehn Meter breite Fußgängerzone, links und rechts fließt der Verkehr.

In dem Lieferwagen des Typs Fiat, der ersten Erkenntnissen zufolge gemietet worden war, befanden sich möglicherweise zwei Täter. Der Fahrer versuchte nach Augenzeugenberichten, "so viele Menschen wie möglich zu überrollen". „Er fuhr im Zickzack über die breite Flaniermeile“, berichtete ein Augenzeuge im spanischen TV. Der Fahrer soll ein weißes Hemd mit blauen Streifen getragen haben.

Terroristen auf der Flucht

Offenbar fuhr der Lieferwagen in Höhe des berühmten Platzes Plaça Catalunya am nördlichen Ende der Rambla auf die Fußgängerpromenade in der Mitte der Allee und kam erst in der Nähe der Markthalle La Boqueria zu stehen. Die Fahrt endete an einem Zeitungskiosk, gegen den das Fahrzeug krachte. Die beiden Terroristen, die bewaffnet gewesen sein sollen, flüchteten anschließend. Wenigstens ein Tatverdächtiger wurde am Abend festgenommen, bestätigten die Behörden. Es soll sich um einen Mann mit nordafrikanischen Wurzeln handeln. Das bestätigte die Polizei zunächst nicht. Auch die Rolle des Festgenommenen blieb unklar. In der etwa 70 Kilometer entfernten Stadt Vic wurde ein zweites Fahrzeug gefunden, das ebenfalls mit den Anschlag in Verbindung gebracht wird. Offenbar ebenfalls ein gemieteter Lieferwagen. Ob dieses Fahrzeug für einen weiteren Anschlag oder für die Flucht benutzt werden sollte, blieb offen. 

Die in Barcelona erscheinende Zeitung La Vanguardia berichtete, dass sich wenigstens einer der mutmaßlichen Terroristen nach der mörderischen Fahrt in einem Restaurant verschanzt haben soll. Die Polizei verhandelte am Abend mit dem Täter. Das spanische Fernsehen berichtete von Schüssen. Ob auch der zweite Terrorist an diesem Ort befand, oder ob er auf der Flucht war, blieb zunächst unklar.

Spanien galt als relativ sicher

Spanien befürchtete schon länger, Ziel eines Terroranschlages zu werden. Erst im Juni waren vier Terroristen auf der Urlaubsinsel Mallorca festgenommen worden. Die Dschihadisten waren nach Angaben von Innenminister von Juan Ignacio Zoido Anhänger der Terrororganisation IS. Sie hatte die Verantwortung für die meisten Terroranschläge der jüngeren Zeit in Europa übernommen.

Wenigstens einer der auf Mallorca festgenommenen Männer hatte Terrorpläne. Er wollte offenbar auf dem Rathausplatz des Mallorca-Ortes Inca mit einem Messer wahllos Passanten angreifen. Der Terrorverdächtige habe „ein Gemetzel“ geplant gehabt, schreibt der Untersuchungsrichter in seinem Ermittlungsbericht. Zudem soll sich die Fundamentalistengruppe der Terrorpropaganda, der Rekrutierung und der Ausbildung neuer gewaltbereiter Islamisten sowie der Finanzierung des IS-Krieges in Syrien gewidmet haben.

In Spanien gilt seit zwei Jahren die zweithöchste Terrorwarnstufe 4. Dies bedeutet, dass – wie überall in Europa – ein „erhebliches Risiko eines terroristischen Anschlags“ besteht. Seitdem sind in Spanien 178 terrorverdächtige Islamisten festgenommen worden. Die Polizeipräsenz in touristischen Hochburgen, auf Bahnhöfen und Flughäfen war in den letzten Monaten sehr groß. Innenminister Zoido räumte aber auch ein: „Absolute Sicherheit gibt es nicht.“

Barcelona wie ganz Spanien erlebt dieses Jahr einen Rekordandrang von Touristen. Viele Urlauber, die früher nach Tunesien, Ägypten, in die Türkei oder auch nach Frankreich fuhren, haben nach den dortigen Terroranschlägen umgebucht. Das spanische Königreich profitierte bisher davon, dass es bisher als vergleichsweise sicher galt. Islamistische Terroristen schlugen in Spanien zum letzten Mal 2004 zu: Damals sprengte ein Kommando in Madrid vier Vorortzüge in die Luft und tötete 191 Menschen.

Terror in Barcelona: Alle aktuellen Entwicklungen können Sie in unserem Newsblog verfolgen.

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