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Preisverleihung: Die SPD hat am Freitag Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi mit dem Internationalen Willy-Brandt-Preis ausgezeichnet. SPD-Chef Gabriel übergab den Preis - mit dabei: Egon Bahr, alter SPD-Kämpe.

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Suu Kyi auf Deutschlandbesuch: Gabriel überreicht Aung San Suu Kyi den Willy-Brandt-Preis

"Sie müssen ein sehr wachsames Auge auf das haben, was gerade passiert": Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi findet starke Worte für die Lage in Birma.

Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat für ihren Einsatz für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte in ihrem Heimatland Birma den Willy-Brandt-Preis erhalten. Wie der SPD-Altkanzler Willy Brandt habe sie Verfolgung und Unterdrückung kennengelernt, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Freitag in Berlin. An Suu Kyi gerichtet fügte er hinzu: „So wie er haben Sie diesem Druck der Verfolgung widerstanden, so wie er kämpfen Sie für Freiheit in Demokratie.“ Die 68 Jahre alte Oppositionspolitikerin musste während der Militärdiktatur in Myanmar - ehemals Birma - viele Jahre unter Hausarrest leben. 1991 erhielt sie den Friedensnobelpreis.Suu Kyis Dankesrede war eine Brandrede im Kammerton. Entscheidend sei nicht das kommende Jahr, wenn gewählt werde, sondern bereits dieses, sagte sie im Foyer des Willy-Brandt-Hauses. "2014 ist das entscheidende Jahr", mahnte die 68-Jährige in einer ebenso leise wie frei gehaltenen Ansprache mit Blick auf die Präsidentenwahl nächstes Jahr, bei der sie antreten möchte. Jetzt würden die Weichen gestellt. Gerade habe der Vorsitzende der Wahlkommission, "der vom Präsidenten benannt wird", ihre Rechte für den Wahlkampf beschnitten: "Sie müssen ein sehr wachsames Auge auf das haben, was gerade passiert." Nachdem die Wahlen 1990 nicht anerkannt und 2010 manipuliert worden seien, werde sich nun herausstellen, ob die in zivil geschlüpften Militärs wirklich eine Demokratie wollten oder einen autoritären Staat unter dem Deckmantel der Demokratie.

"Die Verfassung in Birma ist nicht demokratisch"

Die aktuelle Verfassung "ist nicht demokratisch". In Birma, wie sie das offiziell als Myanmar firmierende Land ausdrücklich weiter nennt, gebe es immer noch eine spezielle Rolle des Militärs. Die Änderung der Verfassung in verschiedenen Punkten sei wichtig - ohne eine Änderung kann sie nicht einmal antreten. Wichtig sei auch die nationale Versöhnung. Bei all dem brauche ihr Land Hilfe, "die Hilfe unserer Freunde". Sie fügte hinzu : "Birma ist noch kein demokratisches Land, wir haben nur die Chance bekommen, ein demokratisches Land zu werden." Die verfolgten Minderheiten sprach sie nur sehr indirekt an. Die Worte "Rohingya" (die verfolgten Muslime im Rakhine-Staat, die als Illegale behandelt werden) oder "Kachin" (mit denen im Norden noch immer kein Frieden geschlossen wurde) fielen nicht einmal in ihrer Ansprache.    

Mutig? "Ist nicht so, dass ich keine Angst habe"

Die zierliche Frau, die wegen ihrer Standhaftigkeit im gewaltlosen Kampf für Demokratie weltweit Bewunderung erfahren hat, gab auch einen kurzen Einblick, dass all das auch für sie keineswegs einfach sei. Sie werde immer als mutig bezeichnet, bemerkte die Lady, diesmal mit weißen Blüten im Haar. "Es ist nicht so, dass ich keine Angst habe. Ich habe nur gelernt, damit umzugehen, damit sie mich nicht zerstört."   

So geht Haushaltsdebatte in Deutschland. Die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Bundestag auf der Besuchertribüne.
So geht Haushaltsdebatte in Deutschland. Die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Bundestag auf der Besuchertribüne.

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Am Freitagvormittag besuchte Suu Kyi die Plenarsitzung des Bundestags. Vizepräsidentin Claudia Roth begrüßte die 68-Jährige zu Beginn der Debatte über den Verkehrsetat auf der Tribüne. Sie hob den Mut, die Geradlinigkeit und die Kraft Suu Kyis hervor, weltweit für Freiheit und Demokratie einzutreten. Roth wünschte der Oppositionspolitikerin Erfolg für ihr „weiteres parlamentarisches Wirken“ in dem südostasiatischen Land.

Suu Kyi ist seit Mittwoch auf Deutschlandreise. Sie traf unter anderem bereits Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundeskanzleramt.

Blick aus dem Kanzleramt. Angela Merkel zeigt der birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Berlin, wie sie es sieht.
Blick aus dem Kanzleramt. Angela Merkel zeigt der birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Berlin, wie sie es sieht.

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Es war ein herzlicher Empfang, den die Bundeskanzlerin Birmas Oppositionsführerin bei ihrer ersten Begegnung bereitete. Suu Kyi habe beim Kampf für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte Mut bewiesen „wie nur wenige auf der Welt“, sagte Merkel am Donnerstag, und sagte ihrem Gast deutsche Unterstützung für den demokratischen Wandel in Birma zu. Sie freue sich, dass Suu Kyi „eine herausragende politische Rolle“ übernehmen wolle. Damit spielte sie darauf an, dass die 68-Jährige 2015 Präsidentin Birmas werden möchte. Dafür müsste aber die Verfassung geändert werden.

Charmant verkündete Suu Kyi mit einem Augenzwinkern „von Frau zu Frau“: Alle Demokraten müssten zusammenstehen, um eine wahre Welt der „Brüderlichkeit – oder politisch korrekt – Schwesterlichkeit unter Menschen“ zu schaffen. Die deutsche Wiedervereinigung bezeichnete Suu Kyi, die am Samstag auch die Mauer-Gedenkstätte besuchen wird, als Erfolgsmodell, wie „verschiedene Ideologien und Sichtweisen“ friedlich geeint werden können. Auch Birma müsse eine wahrhaft demokratische Union werden. Sie hoffe, dass es den Menschen gelinge, „alle Unterschiede, die zwischen uns bestehen mögen, zu überwinden“, sagte sie und sprach die Spannungen um verfolgte Minderheiten so nur indirekt an.

Empfang im Schloss Bellevue. Zum Auftakt ihres Deutschlandbesuchs wird die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi von Bundespräsident Joachim Gauck und dessen Lebensgefährtin Daniela Schadt begrüßt.
Empfang im Schloss Bellevue. Zum Auftakt ihres Deutschlandbesuchs wird die birmanische Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi von Bundespräsident Joachim Gauck und dessen Lebensgefährtin Daniela Schadt begrüßt.

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Im direkten Gespräch dürften die Kanzlerin wie Bundespräsident Joachim Gauck beim Thema ethnische Minderheiten ernüchternde Sätze gehört haben, wenn Suu Kyi ihre Linie nicht verlassen hat. Ihre Gleichgültigkeit angesichts der Verfolgung der muslimischen Rohingyas und die Auswirkungen des Kampfes gegen die Kachin hat Suu Kyi bereits viel Kritik eingebracht. Mit Gauck konnte sie mittags im Schloss Bellevue an ihr Treffen in Yangon anknüpfen. Anderthalb Stunden saßen er, seine Lebensgefährtin Daniela Schadt und die schlagfertige Lady mit einem kleinen Kreis zusammen. Bei Spargel und Fisch sprach Gauck nach Teilnehmerangaben die Reformen, die Rolle der Armee, die Verfassungsdiskussion und ihre mögliche Präsidentschaftskandidatur an. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach mit Suu Kyi auch über die Rolle regionaler Akteure.

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