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Ein Junge namens Giel trägt im vom Hunger bedrohten Südsudan ein weißes Plastikband am Knöchel. Es zeigt an, dass er an einer ambulanten Therapie teilgenommen hat.

© dpa

Studie zur Welternährung: 108 Millionen Menschen hungern

Die Zahl der Hunger leidenden oder vom Hunger bedrohten Menschen ist weltweit dramatisch angestiegen. Innerhalb eines Jahres nahm sie um 30 Prozent zu.

Von Lutz Haverkamp

Die Zahl der Menschen, die Hunger leiden oder davon bedroht sind, ist dramatisch gestiegen. Das geht aus einem Bericht im Auftrag der Welternährungsorganisation FAO und der EU-Kommission hervor, der am Freitag in Brüssel vorgestellt wurde. Demnach hatten im vergangenen Jahr weltweit 108 Millionen Menschen nicht genug zu essen oder brauchten ihre Vorräte schnell auf. Das ist ein Anstieg von über einem Drittel gegenüber dem Vorjahr. Besonders bedrohlich ist die Lage derzeit in Südsudan, Somalia, Nordnigeria, Jemen, Eritrea und Teilen Kenias und Äthiopiens. Weitere Länder wie der Irak, Syrien und die Nachbarländer, Malawi und Simbabwe benötigten massiv Hilfe, da die Ernährung der Menschen nicht gesichert sei.

Die wachsende Lebensmittelknappheit führt der Bericht vor allem auf gewaltsame Auseinandersetzungen unter anderem im Jemen, in Syrien oder im Südsudan zurück sowie auf das Klimaphänomen El Niño. Letzteres hat im Osten und Süden Afrikas Dürren und Ernteausfälle ausgelöst. In einigen südafrikanischen Ländern verschlimmerten Rekordpreise für Grundnahrungsmittel die Lage noch.

Dürre und Hungerkrisen haben nach Hilfswerksangaben auch Folgen für die Bildung von Kindern und Jugendlichen. Zwar sei es vor allem der Hunger, der Millionen Menschen in Afrika bedrohe, erklärte der geschäftsführende Vorstand des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“, Manuela Roßbach, am Freitag in Bonn. „Doch der Hunger hat Folgen, auch für die Bildung und damit die Zukunftschancen der Menschen: Lehrer sind nicht in der Lage zu unterrichten, weil sie hungrig sind und sich kaum auf den Beinen halten können, auch Kinder können vor Schwäche nicht zur Schule.“ Viele Schulen in den von Dürre und Hunger heimgesuchten Regionen Afrikas seien geschlossen, sagte Roßbach. Wegen der zugespitzten Lage befürchten Hilfsorganisationen, dass demnächst rund sechs Millionen Kinder nicht in die Schule gehen könnten. „Dabei ist Schule als Rückhalt gerade in Krisenzeiten wichtig: Sie vermittelt eine Art Normalität und ist ein Ort, an dem Kinder Fürsorge erfahren“, betonte das Hilfsbündnis.

Es werden dringend vier Milliarden Euro benötigt

In Somalia hätten im Januar und Februar knapp 35000 vom Hungertod bedrohte Mädchen und Jungen mit lebensrettenden Spezial-Lebensmitteln versorgt werden müssen, teilte Unicef am Freitag in Genf mit. Die Zahl der Kinder, die die Spezialnahrung brauchten, sei im Vergleich zu den ersten beiden Monaten 2016 um fast 60 Prozent gestiegen. Unicef erinnerte daran, dass während der Hungersnot von 2011 in Somalia viele Kinder an einer Kombination aus Unterernährung und Durchfall gestorben seien. Damals kamen rund 260000 Menschen ums Leben.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Heike Hänsel, forderte mehr Hilfe für Ostafrika. Es müsse dringend gehandelt werden, meinte Hänsel in Berlin. An den jetzt benötigten vier Milliarden Euro sollte sich Deutschland mit mindestens zehn Prozent, also 400 Millionen Euro beteiligen. Bisher seien nicht mal 200 Millionen Euro gezahlt worden. (mit epd/KNA/dpa)

Die Spendenaktion des Tagesspiegels „Menschen helfen!“ reagiert auf die Katastrophe – gemeinsam mit der Deutschen Welthungerhilfe:

Spendenaktion Der Tagesspiegel e.V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, IBAN: DE43 1005 0000 0250 0309 42, BIC: BELADEBE.

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