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Wegen seiner Einmischung in Bezug auf ein Gutachten der Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit Netzpolitik.org ist Bundesjustizminister Heiko Maas in die Kritk geraten.

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Streit um Netzpolitik.org: Bundesrichter erläutern Kritik an Heiko Maas

Harald Reiter erklärt als Sprecher der Bundesrichter und Bundesanwälte beim BGH, warum Heiko Maas sich nicht hätte in das Vorgehen von Generalbundesanwalt Harald Range einmischen dürfen.

Herr Reiter, Ihr Verein der BGH-Richter und Bundesanwälte hat heftige Vorwürfe gegen Bundesjustizminister Heiko Maas erhoben. Es gebe Anhaltspunkte, dass er rechtswidrig die Beweisaufnahme gezielt steuere. Was beanstanden Sie konkret?

Es ist der Eindruck entstanden, dass durch das Justizministerium in laufende Ermittlungen eingegriffen wurde, um ein bestimmtes Ergebnis, das politisch gewollt war, zu erzielen.

Wodurch?

Indem der bereits beauftragte neutrale Gutachter durch eine hausinterne Stellungnahme ersetzt werden soll.

Was ist daran schlimm?

Wir kommen da an die Grenze des Weisungsrechtes. Denn der Staatsanwalt muss bei einem Anfangsverdacht den Sachverhalt von Amts wegen erforschen und alle erforderlichen Beweise erheben. Das ist das Legalitätsprinzip. Wenn der Bundesjustizminister aber sein hausinternes Gutachten an die Stelle eines neutralen Gutachters setzt, dann ist das, als würde er die Beweise selbst schreiben.

Harald Reiter, Sprecher des Vereins der Bundesrichter und Bundesanwälte beim Bundesgerichtshof (BGH).
Harald Reiter, Sprecher des Vereins der Bundesrichter und Bundesanwälte beim Bundesgerichtshof (BGH).

© privat

Ob es nun eine Weisung des Justizministers an Range gab oder nicht, darüber gibt es ja gegensätzliche Aussagen.

Ob es eine Weisung gab oder nicht, ist für uns nicht das Hauptproblem. Es geht darum, dass die eigene Stellungnahme des Ministeriums an die Stelle eines bereits beauftragten Gutachtens gestellt wurde. Wenn das ginge, könnte man Fakten manipulieren.

Nun gibt es aber ein Weisungsrecht des Justizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt. Das bestreiten Sie ja nicht.

Weisungen kommen aber nur dann in Betracht, wenn es um Ermessens- oder Beurteilungsspielräume geht.

Hätte Justizminister Maas schon ganz am Anfang die Anweisung geben können, kein Ermittlungsverfahren zu eröffnen?

Definitiv nein. Ob ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird oder nicht, ist keine Ermessensfrage. Wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, dann muss der Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren einleiten.

Wäre eine Weisung am Ende der Ermittlungen möglich?

Ja, dann, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und zum Beispiel aus Opportunitätsgründen ausnahmsweise auf eine Anklage verzichtet und das Verfahren eingestellt werden soll. Dann käme eine Weisung ohne Weiteres in Betracht. Das ist in den Paragrafen 153 folgende der Strafprozessordnung geregelt.

Die Pressefreiheit könnte ein Grund sein, das Verfahren zu beenden?

Das wäre ein Abwägungsgrund, der auch eine Rolle spielen kann.

Harald Reiter ist Pressesprecher des Vereins der Bundesrichter und Bundesanwälte beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Mit ihm sprach in Karlsruhe Ursula Knapp.

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