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Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

© Britta Pedersen/dpa

Steuerhinterziehung: Die Schweiz war gestern - jetzt ist Malta dran

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans präsentiert neue Daten, die einen Verdacht nahelegen: Firmen auf der Mittelmeerinsel werden für Steuertricks genutzt.

Das Kuvert ging am 26. April per Post ein. Darin fanden die Mitarbeiter bei der Steuerfahndung im Finanzamt Wuppertal einen USB-Stick mit vielen nützlichen Daten. Und zwar zu Firmen, die in Malta ansässig sind, aber möglicherweise nur dazu dienen, in Deutschland und anderen Ländern Steuern zu hinterziehen. „Der Datenträger wurde anonym abgegeben“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Mittwoch in Berlin. Sein Fazit: „Es gibt Hinweise, dass es eine Art Panama in Europa gibt.“ Also ein Steuerparadies, das wie der lateinamerikanische Staat darauf spezialisiert ist, Steuerumgehung von Unternehmen zu ermöglichen.
Walter-Borjans hat seine anfangs umstrittene Politik des Ankaufs von heimlich zusammengetragenen Kontendaten – vor allem von Schweizer Banken – zum Markenzeichen der nordrhein-westfälischen Steuerverwaltung gemacht. Weshalb jetzt, wie er zufrieden feststellt, die Adresse der Wuppertaler Steuerfahndung, die sich schwerpunktmäßig mit groß angelegter Steuerhinterziehung befasst, international bekannt sei. Daher kämen die Beamten immer wieder an Daten, ohne dass eine Geldforderung damit verbunden sei. So auch im Fall der Postsendung vom 26. April. Als „Whistleblower“ vermutet der Minister „Menschen, die klar Schiff machen wollen“.

Daten über zigtausend Firmen

Laut Walter-Borjans sind die Daten aus dem maltesischen Firmenregister detailliert und aufschlussreich. Sie betreffen 60.000 bis 70.000 Gesellschaften, bei denen Verbindungen ins Ausland bestehen. Malta gibt zu maltesischen Firmen nur Auskunft, wenn der Firmenname genannt wird. Er muss also bekannt sein. Das ist nun zigtausendfach der Fall, weshalb die Steuerermittler in allen betroffenen Staaten ans Werk gehen können. Nach einer ersten Auswertung stehen laut Walter-Borjans 1700 bis 2000 dieser Firmen in Verbindung mit deutschen Steuerpflichtigen, darunter auch Konzerne. Aktuell seien aber nur 270 Niederlassungen deutscher Firmen auf Malta ordnungsgemäß gemeldet. Damit liegt der Verdacht nahe, dass die restlichen dazu dienen, Zahlungsströme zu verschleiern und Steuern zu hinterziehen. In einem Fall, der sich auf der Liste findet, in dem aber schon zuvor ermittelt worden war, hat sich dieser Verdacht bereits bestätigt, wie Walter-Borjans mitteilte.

Hohe Rückerstattungen

Das maltesische Steuerrecht ist wie gemacht für diese Form des Betrugs. Zwar gibt es eine relativ hohe Körperschaftsteuer auf Gewinne von 35 Prozent. Doch um ausländische Investoren anzulocken, können diese davon sechs Siebtel zurückfordern. Die Rückerstattung müsste eigentlich im Heimatland der Firmen oder der Unternehmer versteuert werden. Bei nicht gemeldeten Firmen erfährt der deutsche Fiskus aber nichts davon. Die hinterzogenen Gelder wiederum können auf andere Konten im Ausland oder aber an eine weitere Firma in Malta überwiesen werden, um sie zu verstecken. Welches Volumen diese Steuertricksereien via Malta haben, konnte Walter-Borjans noch nicht sagen. Er verweist darauf, dass der Ankauf von Schweizer Kontendaten über Bußgelder für Ertappte und freiwillige Selbstanzeigen bundesweit mittlerweile sieben Milliarden Euro an Zusatzeinnahmen eingebracht hat. Damit begonnen hatte NRW im Jahr 2010. Malta ist für den Düsseldorfer Finanzminister der Anlass, härtere Gesetze zu fordern. Es müsse eine strengere Meldepflicht für Niederlassungen im Ausland geben und deutlich höhere Bußgelder bei Verstößen. Grundsätzlich gilt für Walter-Borjans: "Das ökonomisch Unanständige muss weniger vorteilhaft sein als das Anständige."

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