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SPD-Linke Hilde Mattheis fordert Generalrevision von Hartz IV

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SPD-Linke Hilde Mattheis: „Wir sollten die Sanktionen für Arbeitslose verändern“

SPD-Linke Hilde Mattheis fordert eine Generalrevision der Hartz-IV-Gesetze und glaubt, dass das Peer Steinbrücks Gerechtigkeitskompetenzen stärken könnte.

Von Hans Monath

Frau Mattheis, die SPD-Linke hat viele ihrer Ziele durchgesetzt und den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf Positionen verpflichtet, die er früher abgelehnt hat. Wie schätzen Sie selbst Ihren Erfolg ein?

Es ist richtig: Die SPD hat seit 2009 vieles von dem zu ihrer Beschlusslage gemacht, was der linke Parteiflügel immer gefordert hatte. Diese linke Positionierung muss sich nun auch im Regierungsprogramm der SPD wiederfinden. Bei einigen Themen müssen wir unsere Vorschläge auch noch konkreter fassen.

Was wollen Sie konkretisieren?

Beim Thema Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik fordert die SPD sehr geschlossen einen gesetzlichen Mindestlohn und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Wir sollten das nachschärfen und auch die Zumutbarkeitsregeln und Sanktionen für Arbeitslose verändern. Die Höhe der Grundsicherung für Langzeitarbeitslose muss sich künftig wieder an der Dauer der früheren Erwerbstätigkeit orientieren. Je konkreter wir werden, desto glaubwürdiger können wir unsere politischen Anliegen darstellen.

Das würde eine Rückkehr zu der Regelung vor der Einführung der Hartz-Reform durch die Regierung Schröder bedeuten. Sie fordern zudem, das Arbeitslosengeld II künftig unabhängig vom Partnereinkommen auszuzahlen. Glauben Sie wirklich, Peer Steinbrück könnte das mittragen?

Es geht nicht darum, was ich glaube. Unabhängigkeit vom Partnereinkommen ist eine logische Konsequenz aus all den gleichstellungspolitischen Forderungen der SPD. Es würde eine Individualisierung eines Leistungsanspruchs bedeuten, und daran orientieren wir uns in anderen Zusammenhängen wie etwa beim Ehegattensplitting auch, wo wir auch eine individuelle Besteuerung anstreben. Wenn die SPD ihre Grundsätze ernst nimmt, kommt man zu unserem Vorschlag.

SPD-Linke Hilde Mattheis
SPD-Linke Hilde Mattheis

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Die Frage war, ob Steinbrück das mittragen kann. Würde damit nicht seine ökonomische Kompetenz Schaden nehmen?

Der Beschluss würde seiner ökonomischen Kompetenz nicht schaden, sondern seine Gerechtigkeitskompetenz stärken. Wir halten unseren Vorschlag für machbar und glauben daran, dass wir eine Mehrheit in der SPD davon überzeugen können.

Aber würde es die Sozialkassen nicht stark belasten, wenn das Arbeitslosengeld II nicht mehr an Bedarfsgemeinschaften, sondern an Individuen ausgezahlt würde?

Jeder, der erwerbstätig war und arbeitslos wird, muss einen eigenen Anspruch haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Peer Steinbrück in dieser logischen Ableitung ein Problem sieht.

Sie fordern eine solidarische Umlagefinanzierung der Ausbildungskosten durch alle Betriebe. Schadet das nicht der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft?

Nein. Deshalb sollte die SPD diese Beschlusslage in ihrem Regierungsprogramm bekräftigen. Sie würde die Verantwortung der Betriebe für die Ausbildung verstärken. Die Unternehmen sehen doch auch den Fachkräftemangel. Ich glaube an ihre Bereitschaft, die Ausbildung mitzufinanzieren.

Die Demokratische Linke will im Programm Managergehälter auf maximal das 100-Fache des Durchschnittsgehalts begrenzen. Geht das per Gesetz?

Wir haben diese Forderung nicht erfunden, die hat zuerst unser Parteichef Sigmar Gabriel erhoben. Wir greifen sie gerne auf. Der Grundgedanke ist doch, dass auch im oberen Bereich bei Boni für Banker und Einkommen von Managern ein klarer Leistungsbezug gelten muss. Die Einkommen an der Spitze dürfen nicht völlig entkoppelt sein von denen jener Menschen, die in den Betrieben mit ihrer Arbeit erst für Wertschöpfung sorgen. Sonst wird ihre Arbeit entwertet.

Hilde Mattheis (58) ist Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21 (DL 21) in der SPD und baden- württembergische Bundestagsabgeordnete. Das Gespräch mit ihr führte Hans Monath.

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