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US-Senator John McCain spricht 2017 bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

© Matthias Balk/dpa

Sicherheitskonferenz München: John McCain mit Friedenspreis geehrt

Ehrung für John McCain: Der ehemalige US-Vizepräsident Joe Biden würdigt den US-Senator für seinen Einsatz für Freiheit und Werte

Diese Beziehung dauert schon länger als seine Ehe. Er hat sie mit einer derart idealistischen Treue gepflegt, dass selbst Ehefrau Cindy am Ende der Zeremonie von Rührung überwältigt wird. Seit mehr als 40 Jahren ist US-Senator John McCain zur Münchener Sicherheitskonferenz gekommen; dafür wurde er am Samstagabend im Kaisersaal der Münchener Residenz geehrt.

Er hat Gehirntumor, die Ehefrau nimmt den Preis entgegen

Damals, in den 1970er Jahren, hieß die Tagung noch Wehrkunde, was heute seltsam altmodisch anmutet – auch das sagt etwas über die eine Generation überbrückende Zeitspanne. Vor einigen Monaten wurde ein Gehirntumor bei dem 81-jährigen Republikaner diagnostiziert. So ist an seiner Stelle Ehefau Cindy, mit der er seit 37 Jahren verheiratet ist, nach München gekommen, um die Ewald-von-Kleist-Medaille für ihn entgegen zu nehmen. Die Ehrung ist nach dem Widerstandskämpfer benannt, der 1962 die Tradition der Wehrkundetagungen in München unter dem Eindruck der Kubakrise begründet hatte.

Der ehemalige US-Vizepräsident Joe Biden zog in einer bewegenden Laudatio Parallelen zwischen Kleists und McCains Leben mit Blick auf Werteorientierung und Pflichterfüllung. Der Deutsche hatte 1944 die Aufgabe akzeptiert, Hitler in einem Selbstmordanschlag mit um den Leib gebundenen Handgranaten zu ermorden. Zuvor hatte er seinen Vater um Rat gefragt. Der habe gesagt: „Ja, das musst Du tun. Wer in einem solchen Moment versagt, wird nie wieder froh im Leben.“ Hitlers Tagesplan änderte sich. Das Attentat gelang nicht. Von Kleist überlebte die Verfolgung der Verschwörer nach dem Stauffenberg-Attentat wenige Tage später.

Vorzugsbehandung im Krieg lehnte er ab

McCain wurde als Marineflieger 1967 im Vietnamkrieg abgeschossen und kam mit gebrochenen Armen in das berüchtigte Foltergefängnis „Hanoi Hilton“. Da sein Vater US-Admiral war, boten die Nordvietnamesen ihm die vorzeitige Entlassung an. Doch McCain habe eine Vorzugsbehandlung abgelehnt, betonte Biden, obwohl er wusste, dass dies mehrere Jahre Kriegsgefangenschaft mit Folter bedeutete. Auch für McCain habe gegolten: Wer in einem solchen Moment versage, werde nie wieder froh im Leben.

Nach der Freilassung ging McCain in die Politik, wurde erst Abgeordneter, dann Senator von Arizona. Populistischen Versuchungen habe er widerstanden, erinnerte Biden an eine denkwürdige Szene im Präsidentschaftswahlkampf 2008. McCain trat gegen Barack Obama an. Nationalkonservative versuchten den Afroamerikaner als Ausländer und Muslim zu verunglimpfen. Als eine Frau diese Vorwürfe bei einem Veranstaltung wiederholte, trat McCain ihr entschieden entgegen: „Nein, nein. Obama ist ein anständiger Mann und US-Bürger. Es ist halt nur so, dass wir unterschiedliche politische Meinungen haben.“ Anstand, Werte und Patriotismus seien McCain wichtiger gewesen als der Sieg.

Es klingt wie ein Vermächtnis, dabei hat er den Krebs besiegt

In eindrücklichen Sätzen, die Biden und Ehefrau Cindy zitierten, hat John McCain geschildert, was München für ihn bedeutet und warum er vier Jahrzehnte lang jedes Jahr kam. „Es gibt nichts Größeres als die Freiheit. Die Sicherheitskonferenz bedeutet für mich, dass wir westlichen Demokratien diese Herausforderung nicht alleine, sondern gemeinsam bestehen. Die Alternative zur freiheitlichen Ordnung ist ein dunkler, kalter Ort. Deshalb sind wir Verbündete. Ich zähle darauf, dass ihr daran festhaltet.“

Es klingt wie ein Vermächtnis. Dabei ist es dafür eigentlich zu früh. Die Krebstherapie habe angeschlagen, berichtet ein enger Freund der Familie. Sie habe Johns Immunsystem freilich geschwächt. Angesichts des Risikos von Grippe und anderen Viren habe der Arzt von der langen Reise von Arizona nach München abgeraten. 

Christoph von Marschall ist erster Helmut-Schmidt-Fellow der ZEIT-Stiftung und des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) und arbeitet derzeit in Washington an einer Studie über die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen.

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