zum Hauptinhalt
Ein Bild aus einer Überwachungskamera vom 01.10.2015, das von der Berliner Polizei zur Fahndung herausgegeben wurde, zeigt einen Unbekannten mit einem Kind. Die Suche nach dem in Berlin verschwundenen vierjährigen Flüchtlingsjungen Mohamed ist bislang ergebnislos geblieben. Die Polizei sucht inzwischen gezielt nach einem etwa 35 bis 50 Jahre alten Mann und veröffentlichte Bilder einer Überwachungskamera.

© dpa

Sexuelle Übergriffe in Flüchtlingsheimen: "Da haben es Missbrauchstäter im Moment sehr leicht"

Pädophile haben als Helfer getarnt ungehinderten Zugang zu Flüchtlingskindern. Experten fordern umgehende Maßnahmen.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung sowie Beratungsstellen und Kinderhilfswerke warnen eindringlich vor sexualisierter Gewalt in Flüchtlingsunterkünften. „In Gemeinschaftsunterkünften haben es Missbrauchstäter im Moment sehr leicht, Nähe zu Kindern herzustellen und sexuelle Übergriffe zu begehen, da klare Strukturen, Regeln und Mindeststandards der Prävention fehlten“, sagte Johannes Wilhelm Rörig, der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, am Montag auf einer Tagung der evangelischen Diakonie zum Thema Schutz vor Missbrauch.

Beratungsstellen berichten von Wachleuten, die Mädchen bedrängen, und von ehrenamtlichen Helfern, die sich unter falschem Namen für die Kinderbetreuung anmelden. Besonders in Erstaufnahmeeinrichtungen würden solche Anmeldungen nicht überprüft, nicht mal die Ausweise würden kontrolliert. Auch die Kontrolle von ehrenamtlichen Vormündern sei unzureichend. Tätern stünden Tür und Tor offen, um sich an Kinder heranzumachen. „Bei einer Kita würden wir von einem Skandal sprechen, wenn Menschen ohne jeden Nachweis ein und aus gehen könnten und unkontrollierten Zugang zu Kindern hätten“, sagte Johannes Wilhelm Rörig. Der Skandal sei nicht kleiner, nur weil es sich um syrische, irakische oder albanische Kinder handle. „Kinderrechte müssen für alle Kinder gelten.“

Täglich kommen Nachrichten über Missbrauchsfälle

Rörigs Team erreichen täglich Nachrichten aus ganz Deutschland über sexuellen Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften. Viele Betroffene hätten Angst, die Übergriffe anzuzeigen – aus Sorge, dass sich die Anzeige negativ auf ihr Asylverfahren auswirken könnte, berichten Rörigs Mitarbeiter. Die wenigsten Betroffenen wüssten, dass sie ein Recht auf Hilfe haben. Genau diese Hilflosigkeit versuchten Täter auszunutzen. Die Entführung des vierjährigen Mohamed vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales vor elf Tagen mache deutlich, dass dringender Handlungsbedarf bestehe.

Flüchtlingsunterkünfte brauchen keine Betriebserlaubnis

Rörig und die Beratungsstellen fordern deshalb, Flüchtlingsunterkünfte müssten eine Betriebserlaubnis nach Kinder- und Jugendhilferecht nachweisen – wie andere Einrichtungen auch, die mit Minderjährigen zu tun haben. Eine solche Betriebserlaubnis kann an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden, etwa die, dass Kinder und Jugendlichen nur durch geeignete Personen betreut werden dürfen und dass diese ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen. Flüchtlingsunterkünfte sind im Asylverfahrensgesetz von einer solchen Betriebserlaubnis ausgenommen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) verhandelt derzeit mit dem Bundesinnenministerium über eine entsprechende Nachbesserung bei der Asylgesetzgebung.

Zur Startseite