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Vor Gericht. Die angeklagten Mitglieder von Pussy Riot im August 2012.

© dpa

Russland: Pussy Riot droht weitere Anklage

Videoclips der Punk-Rockerinnen von "Pussy Riot" sind als extremistisch eingestuft worden – darauf stehen hohe Strafen.

Bürgerrechtler im In- und Ausland waren sich nach dem Urteil gegen Mitglieder der feministischen Punk-Gruppe Pussy Riot weitgehend einig: Zwei Jahre Haft für deren Anti-Putin-Performance in der Moskauer Christ-Erlöser-Kirche seien unangemessen. Das russische Recht gibt für Rowdytum, für das sich die jungen Frauen verantworten mussten, eigentlich nur Ordnungsstrafen und Bußgelder her. Doch dieser Fall scheint anders zu sein.

Die Videoclips der Punkerinnen, erregte sich ein Abgeordneter der ultranationalen Liberaldemokraten, hätten einen „negativen Einfluss auf die öffentliche Moral“. Die Staatsanwaltschaft sah das genauso und beantragte daraufhin eine gerichtliche Prüfung, ob die Clips den Tatbestand des Extremismus erfüllen. Die fiel positiv aus. Dabei hatte die Richterin sich die umstrittenen Videos noch nicht einmal selbst angesehen und war einfach der Expertise des staatsnahen Instituts für Kulturwissenschaft gefolgt.

Dessen Gutachter hatten die Persiflage der orthodoxen Liturgie und die Häkelmasken, die die Punkerinnen bei ihrer Performance vor dem Gesicht trugen, als „versteckte Hinweise für Verschwörung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Organisation von Massenunruhen zum Sturz der bestehenden Ordnung“ interpretiert und daraus den Vorwurf des Extremismus konstruiert. Das wiederum macht aus Sicht von Regimekritikern den Weg dazu frei, auch die Punkerinnen wegen Extremismus erneut vor ein Gericht zu stellen. Extremismus aber wird mit sehr viel höheren Strafen geahndet als Rowdytum.

Bürgerrechtler fürchten nun, Urteile, die sich allein auf „versteckte Hinweise“ für angebliche Verbrechen stützen, könnten zur Regel werden und die Anzahl blockierter Internetseiten rasant zunehmen. Gleich nach Inkrafttreten des Urteils – die Verteidiger haben Berufung eingelegt – muss die russische Aufsichtsbehörde Roskomnadsor den Zugang zu Websites sperren, die Clips mit den Auftritten von Pussy Riot zeigen.

Die Macht hoffe offenbar, das leidige Thema habe sich damit erledigt, sagt Internet-Experte Anton Nosik. Der Prozess gegen die Frauen hatte weltweit Empörung ausgelöst und Russland neue Negativschlagzeilen eingetragen. Die Rechnung werde jedoch nicht aufgehen, sagte Nosik bei Radio Echo Moskwy: Auf Videoplattformen im Ausland erstrecke sich das Urteil nicht.

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