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Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

© dpa

Polizeigewerkschafter: Affäre um Wendts Doppel-Gehalt weitet sich aus

Polizeigewerkschafter Rainer Wendt soll doppelt Gehalt kassiert haben – und es gibt noch weitere Fälle. Die Affäre wird für NRW-Innenminister Ralf Jäger zum Problem.

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Er ist ein „Law and Order“- Mann, einer der immer ins Rampenlicht drängt. Doch die Aufmerksamkeit, die Rainer Wendt nun zuteil wird, dürfte ihm mehr als unangenehm sein: Am Wochenende wurden Vorwürfe öffentlich, Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sei nicht nur von der Gewerkschaft, sondern auch aus Steuermitteln des Landes NRW als Polizist bezahlt worden. Die Affäre weitet sich immer stärker aus – und bringt nun auch den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Bedrängnis.

Wendt soll nach Informationen des „Kölner Stadtanzeigers“ jährlich ein Gehalt im sechsstelligen Bereich für seine Gewerkschaftstätigkeit erhalten haben – neben seinem Beamtensold, den er bekam, ohne tatsächlich als Polizist zu arbeiten. In NRW gibt es zudem nach Aussagen des Innenministeriums noch zwei weitere Polizeigewerkschafter, die bei vollen Bezügen teilweise für ihre Gewerkschaftstätigkeit freigestellt worden waren. Es handelt sich um Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und Erich Rettinghaus, den NRW-Landeschef der DPolG.

Für Jäger kommen die Attacken zur Unzeit

Nach dem Willen der CDU soll Jäger nun am Donnerstag vor dem Innenausschuss beantworten, seit wann er von der Besoldung Wendts wusste und welche Höhe die Zahlungen insgesamt hatten. Die Linken in NRW haben wegen des Verdachts der Untreue Strafanzeige gegen Jäger gestellt. Für den Minister kommen die Attacken zur Unzeit. In zwei Monaten ist in NRW Landtagswahl, und er steht bereits wegen möglicher Versäumnisse im Fall Anis Amri unter Beschuss.

Jäger kündigte an, mit einem verwaltungsamtlichen Verfahren klären zu wollen, wie viel Geld Wendt bekommen hat und wie es dazu kommen konnte. Dies teilte ein Sprecher des Ministeriums am Montag mit. Er betonte, der Minister habe erste Details erst Ende Februar erfahren. „Es wird faktisch eine Praxis wie bei Wendt in Zukunft nicht mehr geben“, sagte der Sprecher. Außerdem sollen auch die anderen beiden Fälle geprüft werden. Diese sieht das Ministerium allerdings weniger kritisch.

Wendt bestreitet hohe Gehaltszahlung

Die beiden Beamten seien Mitglieder im Polizeihauptpersonalrat beim Innenministerium. Dazu müssten sie wöchentlich an Sitzungen teilnehmen, die außerdem vor- und nachzubereiten seien. Dafür würden Fiedler und Rettinghaus dienstlich freigestellt. Es gebe außerdem eine Vielzahl an Fällen, in denen die beiden Beamten als Experten für Gutachten angefordert würden, zum Beispiel zu Bodycams und Schleierfahndung. Wendt hingegen war gar nicht mehr für die Polizei in NRW, sondern nur noch bei der DPolG in Berlin tätig. Das sei allerdings seit Jahrzehnten so Praxis, so der Sprecher. Im Land Berlin jedoch, so hieß es aus der Innenverwaltung, sei eine solche Fallgestaltung aber ausgeschlossen.

Wendt verteidigte sich unter anderem mit den Worten, sein Gehalt habe insgesamt das eines Polizeihauptkommissars nicht überstiegen. Wie viel er tatsächlich von der DPolG erhalten hat, wollte die Gewerkschaft auf Nachfrage nicht beantworten. Der Bericht des „Kölner Stadtanzeigers“ über ein sechsstelliges Gehalt sei aber falsch. Zudem hat Wendt mittlerweile bei der Gewerkschaft seinen vorgezogenen Ruhestand beantragt.

"Zweifel an der Unabhängigkeit der Gewerkschaften"

Beim Deutschen Beamtenbund (dbb), in dem die DPolG Mitglied ist, heißt es, es sei sehr ungewöhnlich, dass ein Gewerkschaftsvorsitzender auf längere Zeit weiter von seinem Arbeitgeber bezahlt werde. „Eine dauerhafte Arbeitgeberfinanzierung nährt Zweifel an den Prinzipien der Gegnerfreiheit und Unabhängigkeit der Gewerkschaften“, sagte der dbb-Vorsitzende Klaus Dauerstädt der Deutschen Presse-Agentur. Er lehne eine dauerhafte öffentliche Finanzierung von Gewerkschaftern ab.

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