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Polen gingen am vergangenen Wochenende nach dem Tod eines Landsmannes im britischen Harlow auf die Straße.

© dpa

Polen in Großbritannien: Angst vor dem Mob

Jugendliche in Harlow haben einen polnischen Arbeiter zu Tode geprügelt. Die Regierung in London sichert nun Polen einen besseren Schutz der Einwanderer zu.

Es war ein ungewöhnlicher Appell, den der polnische Außenminister Witold Waszczykowski am Montagabend an die britische Regierung richtete. Er wolle die Vertreter der Londoner Regierung daran erinnern, dass die polnischen Einwanderer in Großbritannien dort sehr gut integriert seien und Respekt verdient hätten, sagte Waszczykowski. Der Chefdiplomat aus Polen sagte diesen Satz nicht etwa in Warschau, sondern in London, wo ein Krisentreffen mit seinem britischen Amtskollegen Boris Johnson arrangiert worden war.

Am Wochenende gab es erneut Übergriffe gegen Polen

Auch der polnische Innenminister Mariusz Blaszczak und dessen Londoner Amtskollegin Amber Rudd nahmen an der Begegnung teil. Der traurige Anlass des Vierer-Gesprächs: Ende August hatten Jugendliche in der südostenglischen Stadt Harlow einen 40-jährigen polnischen Fabrikarbeiter in einem Einkaufszentrum zu Tode geprügelt. Nach einer Mahnwache in der nördlich von London gelegenen Stadt wurden eine Woche später zwei polnische EU-Einwanderer am vergangenen Sonntagmorgen von einem Mob von fünf oder sechs Männern angegriffen und schwer verletzt, diesmal vor einem Pub. In beiden Fällen gehen die Ermittler davon aus, dass die Angreifer von Fremdenhass getrieben waren.

Es ist nicht das erste Mal, dass Polen in Großbritannien zum Ziel von Angriffen werden. Nach dem Brexit-Referendum am 23. Juni hatte es zahlreiche fremdenfeindliche Attacken auf der Insel gegeben, von denen vor allem Polen betroffen waren. Auch aus diesem Grund hatten sich Waszczykowski und Blaszczak entschlossen, ihre „Dringlichkeitsreise“ nach Großbritannien anzutreten. Nach dem Treffen in London erklärten die beiden polnischen Minister, sie hätten von ihren Amtskollegen die Zusage erhalten, dass polnische Einwanderer in Großbritannien künftig besser geschützt würden. Der Warschauer Innenminister Blaszczak kritisierte, dass sich die jugendlichen Tatverdächtigen nach dem Tod des polnischen Fabrikarbeiters in Harlow inzwischen wieder gegen eine Kaution auf freiem Fuß befänden. Polnische Beamte wollen nun in Zusammenarbeit mit der britischen Polizei ebenfalls Ermittlungen zum Tod des 40-jährigen Arkadiusz Jozwik aufnehmen.

Polens Außenminister Waszczykowski würdigte bei seinem Besuch in London zwar die Tatsache, dass die britische Regierungschefin Theresa May und andere Regierungsmitglieder Gewalttaten gegen Polen in der Vergangenheit stets verurteilt haben. Er erinnerte aber auch daran, dass die Brexit-Befürworter das Einwanderungsthema bei der Referendumskampagne als „Waffe“ benutzt hätten.

Einwanderung vom Kontinent demnächst nur noch mit festem Job?

Unklar bleibt derweil, wie die Regierung von Theresa May die Einwanderung aus der Europäischen Union im Zuge des anstehenden Austritts aus der EU begrenzen will. Nach britischen Medienberichten plant May ein striktes Kontrollsystem, dem zufolge Ausländer vom europäischen Kontinent nur noch dann von der Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch machen könnten, wenn sie bereits bei ihrer Einreise nach Großbritannien ein Jobangebot in der Tasche hätten. Den Plänen zufolge wäre es für Arbeitssuchende vom Kontinent dann nicht mehr möglich, sich vor Ort auf der Insel auf Jobsuche zu begeben. May sagte am Rande des G-20-Gipfels im chinesischen Hangzhou, dass sich die Briten beim Referendum im Juni dafür ausgesprochen hätten, „etwas Kontrolle“ über den Zuzug von Einwanderern aus der Europäischen Union nach Großbritannien zu erhalten.

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