zum Hauptinhalt
Wie viele Windräder jährlich errichtet werden sollen, ist zwischen Bund und Ländern noch umstritten.

© Stefan Sauer/dpa

Ökostrom-Gipfel: Wind aus allen Richtungen

Kanzlerin Merkel sieht noch viele Konflikte vor dem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder. Umstritten ist vor allem die Anzahl der Windräder.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Dienstag ein hartes Stück Arbeit vor sich gesehen, als sie bei der Jahreskonferenz des Rats für nachhaltige Entwicklung auf den EEG-Gipfel mit den Ministerpräsidenten am Abend im Kanzleramt zu sprechen kam. „Wenn Ihre guten Wünsche uns begleiten, ist schon einiges gewonnen“, sagte sie. Die erneuerbaren Energien „sind die stärkste Säule unserer Energieerzeugung“, sagte Merkel. Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gehe es nun um das Gesamtsystem und wie Wind- und Solarstrom stärker marktwirtschaftlich integriert werden könnten.

Alle Seiten kommen mit Forderungen

Am Dienstagabend wollten sich die Ministerpräsidenten der Länder und Angela Merkel grundsätzlich über die Reform der Ökostromförderung einigen. Die Beschlussvorlage, die Ende vergangener Woche erarbeitet worden ist, weist aber an den entscheidenden Punkten noch immer Kontroversen aus. Der wichtigste Streitpunkt: Wie viele Windräder an Land jährlich dazukommen sollen, ist weiter umstritten. Das Wirtschaftsministerium hatte 2500 Megawatt vorgeschlagen, und zwar netto. Der Ersatz von älteren Mühlen durch neue leistungsstärkere würde dann nicht dazugerechnet.

Im Vorfeld des EEG-Gipfels formierten sich alle Seiten mit ihren Forderungen. „Die UN-Klimakonferenz von Paris ist ein klarer Auftrag für eine Beschleunigung der Energiewende“, sagte beispielsweise Regine Günther von der Umweltstiftung WWF. Ulrich Grillo, Präsident des Industrieverbands BDI, warnte: „Immer weiter wachsende Kosten für Energie belasten den Mittelstand.“

Konkurrent Atomstrom

Martin Grundmann, Geschäftsführer der Arge Netz, eines Unternehmens, das 3500 Megawatt erneuerbarer Stromproduktion als virtuelles Kraftwerk bündelt, warnte davor, ganze Regionen „pauschal als Netzengpassregion zu degradieren und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien zu begrenzen“. Damit spielt er auf einen Konflikt an, der im Vorfeld des Gipfels mit Gutachten und Gegengutachten ausgetragen wurde. Greenpeace hat das Beratungsunternehmen Energy Brainpool beauftragt, zu ermitteln, ob das Atomkraftwerk Brokdorf und das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg bis zu ihrer technischen Grenze abgeregelt werden, wenn viele Windräder gestoppt werden. Das Ergebnis: Das passiert oft, aber es gibt auch viele Situationen, in denen Windstrom abgeregelt wird, während Brokdorf und Moorburg ihren Strom weiter einspeisen. Tobias Austrup von Greenpeace hat da wenig Verständnis dafür.

Interessante Gutachten

Felix Matthes vom Öko-Institut hat sich im Auftrag des baden-württembergischen Umweltministeriums die gesamten Kosten für das Management von Netzengpässen vorgenommen. Dass diese Kosten von etwa einer Milliarde Euro heute bis 2023 auf mehr als 4,2 Milliarden steigen könnten, sei „sehr zweifelhaft“. Seiner Einschätzung nach sei es möglich, das aktuelle Ausbautempo beizubehalten, ohne die Systemkosten insgesamt weiter zu erhöhen. Allerdings rechnet er dafür die EEG-Umlage zu den anderen Umlagen dazu. Die EEG-Umlage sei kein sinnvoller Maßstab für die Kosten der Energiewende, schreibt er.

Der CDU-Wirtschaftsrat wiederum beauftragte Professor Georg Erdmann von der Technischen Universität Berlin mit einem Gutachten, das eigentlich das Ziel hatte, die EEG-Reform grundsätzlich zu kritisieren. Erdmann bemängelt aber vor allem, dass nicht gleichzeitig der Strommarkt reformiert wird. Darüber hinaus fordert er eine „technologieübergreifende“ Ökostromförderung. Das würde allerdings dazu führen, dass nur noch Windräder an Land gebaut werden würden. Erdmann warnt davor, Netzengpässe zum Anlass zu nehmen, Windräder nicht mehr an den ertragreichsten Standorten zu fördern. Eine Forderung, die der CDU-Wirtschaftsrat selbst erhoben hatte. Erdmann ist einer von vier Forschern, die einen jährlichen Monitoringbericht zur Energiewende vorlegen. Und er hat für Sachsen und Brandenburg neue Braunkohletagebaue begründet.

Zur Startseite