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Die Angeklagte Beate Zschäpe hat sich mit ihren Pflichtverteidigern Heer, Sturm und Stahl überworfen - und lässt keine Gelegenheit aus, sie anzugreifen.

© Tobias Hase/dpa

NSU-Prozess: Zschäpe entschuldigt sich für ihre Anwälte

Die Hauptangeklagte nutzt eine Zeugenaussage, um ihre Pflichtverteidiger erneut anzugreifen - mit dem Ziel, sie loszuwerden.

Von Frank Jansen

Im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München nimmt der Kleinkrieg zwischen Beate Zschäpe und den von ihr geschassten Verteidigern kein Ende. Die Hauptangeklagte hat Ende März, wie jetzt bekannt wurde, dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl einen handschriftlich verfassten Brief geschickt, in dem sie sich für das Verhalten ihrer Anwälte Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl „entschuldigen“ möchte. Heer und Stahl hatten am 17. März in der Hauptverhandlung versucht, die persönliche Erklärung eines Zeugen zu verhindern, den die NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Mai 2004 beim Überfall auf eine Filiale der Sparkasse in Chemnitz bedroht hatten. Die Anwälte hätten sich „unpassend“ verhalten, heißt es in dem Brief.

Der Zeuge forderte nach seiner Aussage zur Tat, der Bundespräsident oder der Bundestagspräsident sollten sich bei den überlebenden Opfern des NSU-Terrors entschuldigen. Bisher habe es nur offizielle Entschuldigungen bei den Angehörigen der Ermordeten gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Februar 2012 bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des NSU die Hinterbliebenen der Mordopfer um Verzeihung gebeten, da sie nach den Verbrechen „jahrelang selbst zu Unrecht unter Verdacht“ gestanden hatten. Polizei und Staatsanwaltschaften hatten in Richtung organisierte Kriminalität ermittelt. Die Ermordeten und ihre Familien galten als Teil des Milieus. Das traf allerdings nicht auf die Opfer der Banküberfälle zu. Gegen sie richtete sich kein Verdacht.

Opfer akzeptieren Zschäpes Entschuldigung vom Dezember nicht

Zschäpe betont in dem Brief, sie habe sich im Dezember in ihrer Einlassung bei den Opfern der von Mundlos und Böhnhardt begangenen Taten entschuldigt. Mehrere Angehörige von Ermordeten sowie überlebende Opfer der Anschläge des NSU akzeptieren die Entschuldigung jedoch nicht. Sie werfen Zschäpe vor, sie habe bislang viel zu wenig zur Aufklärung der Verbrechen beigetragen.

Dass Zschäpe die beiden Verteidiger hart kritisiert ist offenkundig Teil der Strategie, die Anwälte loszuwerden. Im Sommer 2015 hatte sich die Angeklagten mit ihren Verteidigern  Heer, Stahl und Anja Sturm überworfen. Der Strafsenat ordnete Zschäpe dann einen vierten Pflichtverteidiger zu, den jungen Münchner Anwalt Mathias Grasel. Sein älterer Kanzleikollege Hermann Borchert vertritt zudem Zschäpe als Wahlverteidiger. Grasel hat im Namen Zschäpes mehrmals beantragt, Heer, Stahl und Sturm zu entpflichten. Die drei, zermürbt vom Streit mit der Mandantin, haben ebenfalls ihre Entlassung aus dem Verfahren gefordert.

Richter Götzl hat jedoch alle Anträge abgelehnt. Er will offensichtlich vermeiden, dass Zschäpe nach dem zu erwartenden, harten Urteil dann in der Revision behauptet, sie sei mit nur zwei Anwälten, die erst spät in das Verfahren einstiegen und sich erst einarbeiten mussten, monatelang nicht angemessen verteidigt worden. Deshalb müssen Heer, Stahl und Sturm weiter in München ausharren und hinnehmen, dass Zschäpe nicht mit ihnen spricht, aber versucht, die drei Alt-Verteidiger madig zu machen. Die Angeklagte schreckte im vergangenen Jahr sogar nicht davor zurück, Strafanzeige gegen Heer, Stahl und Sturm zu erstatten. Die Münchener Staatsanwaltschaft konnte jedoch kein strafbares Verhalten erkennen und lehnte es ab, ein Verfahren gegen die Anwälte einzuleiten.

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