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Der BND/NSA-Skandal ist noch nicht zu Ende.

© dpa

NSA-Untersuchungsausschuss: "Keine Massenüberwachung, kein Ringtausch"

Der BND-Mitarbeiter W.K. widerspricht zentralen Arbeitsthesen der Abgeordneten. Der anwesende Mitarbeiter des Bundeskanzleramts wirkt dennoch nervös.

Von Anna Sauerbrey

Erneut hat die Zeugenaussage eines BND-Mitarbeiters zentrale Arbeitsthesen des NSA-Untersuchungsausschusses in Frage gestellt. Es habe keine Weiterleitung von Daten Deutscher an die NSA gegeben, sagte am Donnerstag der Zeuge W.K., Unterabteilungsleiter beim Bundesnachrichtendienst, im Bundestag. W.K. bestritt außerdem, dass es einen „Ringtausch“ zwischen den Diensten gegeben habe. Die von Edward Snowden veröffentlichten Akten hatten nahe gelegt, dass die Geheimdienste untereinander Daten „tauschen“, die sie aus rechtlichen Gründen jeweils nicht selbst erheben dürfen. Der BND habe von der NSA keine geschützten Daten erhalten, so W.K.

BND-Mann W.K. bestätigt: Die technischen Filter funktionieren nicht

W.K. ist Unterabteilungsleiter beim BND und war in Vergangenheit mit der Operation „Eikonal“ betraut. „Eikonal“ war ein Gemeinschaftsprojekt von BND und NSA. Der BND gab in dieser Operation Informationen an die NSA weiter, die er durch das Abfangen von Telekommunikationsdaten an einem Internetknotenpunkt in Frankfurt erlangte. Beim Abfangen von Daten aus Glasfaserleitungen ist es allerdings sehr schwierig, zwischen Inlands- und Auslandskommunikation und zwischen Daten von Deutschen und Nichtdeutschen zu unterscheiden - also auch zwischen dem, was der BND abfangen und verarbeiten darf und dem, was ihm als Auslandsnachrichtendienst eigentlich rechtlich verwehrt ist. Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass technische Filter, die die Daten rechtlich sauber „bereinigen“ sollten, nicht funktionierten. W.K. räumte ein, dass technische Filter allein nicht ausreichten, sagte aber, die Daten seien mit „anderen Methoden“ weiterverarbeitet worden. Er könne deshalb ausschließen, dass Daten von Deutschen weitergegeben wurden.

Die Kooperation mit der NSA sei von "enormer Bedeutung" für den BND

Bereits in der vergangenen Woche hatte der Zeuge T.B., Leiter der Kooperationsstelle zwischen NSA und BND in Bad Aibling, betont, die Informationen seien händisch weiter durchsucht worden, bevor sie an die NSA übermittelt wurden. Doch während T.B. defensiv und teilweise unverständliche oder widersprüchliche Angaben machte, zeichnete W.K. ein deutlicheres Bild und verteidigte die Kooperation offensiv. Er bestätigte, dass NSA und BND bis heute „in Zusammenhang mit den Einsatzgebieten der Bundeswehr“ zusammenarbeiten. Die Kooperation sei von „enormer Bedeutung“. „Sie können in der heutigen Zeit nicht mehr alles alleine machen“, sagte W.K. Er bestätigte einen Bericht des Spiegel, dass jeden Monat große Mengen von Daten aus der Satellitenaufklärung der Deutschen an die NSA weitergegeben werden. Man wolle gern noch enger kooperieren, „wir können noch viel lernen“. Im Moment allerdings, so deutet W.K. an, haben die Deutschen einfach nicht genug zu bieten, um als Partner attraktiv zu sein. Wie schon T.B. in der vergangenen Woche gesagt hatte, gab auch W.K. an, dass durch die G10-Filterung der Deutschen wenig übrig blieb, was man den Amerikanern hätte übermitteln können. Das sei ein Grund gewesen, dass die NSA schließlich aus der Kooperation in der Operation "Eikonal" ausstieg. Die Amerikaner hatten dem BND im Gegenzug für die Daten Technik und Know-How zur Verfügung gestellt.

Die politische Bewertung fällt widersprüchlich aus

Die politische Bewertung der Sitzung fiel sehr unterschiedlich aus. Christian Flisek, Obmann der SPD-Fraktion, sagte, es zeige sich, dass der BND den Grundrechtsschutz keineswegs "auf die leichte Schulter nehme". Für eine massenhafte und anlasslose Speicherung der Daten Deutscher Bürger gebe es bislang keine Anhaltspunkte. Zu diesem Schluss kam auch Roderich Kiesewetter, Obmann der CDU. Konstantin von Notz, Obmann der Grünen hingegen sagte erneut, die Aktenlage ergebe ein anderes Bild als die Zeugenaussagen. Die Taktik des BND sei "Mauern und Vernebeln".

Deutlicher als bislang wurde in der 22. Sitzung des Untersuchungsausschusses, dass es sowohl im BND als auch im Bundeskanzleramt widerstreitende Rechtsauffassungen gibt, die sich aus der Schwierigkeit ergeben, die Gesetze der Nachrichtendienste im digitalen Zeitalter anzuwenden. W.K. räumte ein, dass rechtlichen Bedenken auf Seiten der Deutschen ebenfalls ein Grund für die Einstellung der Kooperation zwischen NSA und BND in der Operation "Eikonal" waren. Schließlich musste der BND die Daten erst einmal speichern, um sie mit Hilfe von Filtern "reinigen" zu können, was datenschutzrechtlich bedenklich sein könnte.

Der Mitarbeiter des Bundeskanzleramts springt auf und eilt herbei, um das Dokument zu sehen

Auch die Frage, ob Metadaten "personenbezogene" Daten im Sinne des Datenschutzrechtes sind, ist offenbar strittig. Metadaten sind Daten, die Ort, Zeitpunkt und Dauer eines Kommunikationsvorganges bezeichnen, wenn auch nicht den Inhalt. Solche Daten aus dem Abhören von Satellitenkommunikation teilt der BND mit der NSA. Konstantin von Notz zitierte in der Sitzung aus einem internen Vermerk des Kanzleramts, wonach es Uneinigkeit in dieser Frage gibt. Regierungsdirektor Wolff, der im Bundeskanzleramt die "Projektgruppe Untersuchungsausschuss" leitet und stets bei den Sitzungen anwesend ist, eilte herbei, um sich den Vermerk auf dem Laptop zeigen zu lassen. Er betonte, dies sei nicht die Meinung des Bundeskanzleramts als ganzes. Zumindest einen wunden Punkt der Regierung hatte die Opposition am Donnerstag wohl getroffen.

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