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Der Protest gegen Macrons Reform hält sich bislang in Grenzen. Erst im September soll es landesweite Demos geben.

© Gonzalo Fuentes/Reuters

Neues Arbeitsrecht in Frankreich: Macrons Reform von oben

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gestaltet das Arbeitsrecht neu. Das Parlament kann nur begrenzt mitreden.

Der härteste Brocken soll gleich am Anfang aus dem Weg geräumt werden. Nach diesem Motto geht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor, dessen Arbeitsrechtsreform am Mittwoch im Kabinett eingebracht wurde. Die Reform, die der sozialliberale Macron bereits im Wahlkampf angekündigt hatte, gilt wegen des möglichen Widerstandes der Gewerkschaften als sein schwierigstes Reformwerk. Zudem gibt es neben dem Vorhaben noch andere Felder, auf denen der Staatschef die französische Innenpolitik umkrempeln möchte.

Arbeitsrecht

Macron möchte Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Unternehmensebene die Möglichkeit geben, zu bestimmen, wie flexibel die Arbeitsbedingungen gehandhabt werden sollen – etwa bei der Dauer von Arbeitsverträgen und dem Kündigungsschutz. Bislang werden derartige Festlegungen als Branchenvereinbarungen getroffen.

Die Details von Macrons Reform, mit deren Hilfe er die Arbeitslosigkeit bis zur nächsten Präsidentschaftswahl 2022 von derzeit rund neun Prozent auf sieben Prozent senken will, sind noch unklar. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung „Les Echos“ strebt der Präsident in einigen Punkten eine noch weitgehendere Reform an, als er dies im Wahlkampf angedeutet hatte. Streit dürfte es unter anderem um die geplanten Deckelung bei den Abfindungen im Kündigungsfall geben. Diskussionen wird wohl ebenfalls um das Vorhaben der Arbeitsministerin Muriel Pénicaud geben, unbefristete Arbeitsverträge (CDI) an einzelne Firmenprojekte zu koppeln – und damit letztlich doch eine Befristung herzustellen. Darüber hatte die Zeitung „Le Monde“ berichtet. Bei der von Macron geleiteten Kabinettssitzung berichtete Arbeitsministerin Pénicaud am Mittwoch über ihre bisherigen Gespräche mit den Sozialpartnern. In den vergangenen Wochen hatte sie Sondierungsgesprächen mit den Arbeitnehmervertretern begonnen.

Die Reform des Arbeitsrechts ist für Pénicaud allerdings nicht die einzige Front, an der sie sich bewähren muss. Die Zeitung „Libération“ berichtete, dass sie seinerzeit direkt an der Finanzierung eines fragwürdigen Auftritts des damaligen Wirtschaftsministers Macron bei einer Start-up-Messe in Las Vegas im Januar 2016 beteiligt gewesen sei. Pénicaud war damals Chefin der Agentur „Business France“, welche die Reise organisierte. Erst in der vergangenen Woche hatten vier Minister ihren Rücktritt erklärt.

Mit Blick auf die Änderungen beim Arbeitsrecht wollen die Gewerkschaften derweil erst einmal abwarten, welche Gestalt die Reform im Verlauf des Sommers annimmt. Die linksgerichtete Gewerkschaft CGT kündigte bereits für den 12. September Demonstrationen an. Dagegen erklärte der Vorsitzende der gemäßigten Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, dass man erst nach der Sommerpause entscheiden werde, ob man gegen die Reform auf die Straße gehe oder nicht.

Am Mittwoch segnete das Kabinett zunächst ein Gesetz ab, das Macron dazu bevollmächtigt, die Reform per Verordnung durchzusetzen. Damit verfügt das Parlament, wo die Abgeordneten von Macrons Partei „La République en Marche“ die absolute Mehrheit stellen, nur über ein eingeschränktes Mitspracherecht. Zwischen dem 24. und dem 28. Juli will die Nationalversammlung Macron die nötige Bevollmächtigung erteilen. Vor dem Inkrafttreten der Reform, die bis zum 20. September geplant ist, muss das Parlament ebenfalls zustimmen.

Arbeitslosenversicherung

Macron möchte die Arbeitslosenversicherung künftig auch für Selbstständige und für Arbeitnehmer öffnen, die von sich aus gekündigt haben. Das Vorhaben ist kostspielig: Nach Berechnungen der Arbeitslosenkasse Unédic dürften die Leistungen für Arbeitnehmer, die aus freien Stücken gekündigt haben, pro Jahr mit 2,5 bis vier Milliarden Euro zu Buche schlagen. Bis zum Sommer des kommenden Jahres soll die Reform stehen. Dieser Zeitplan dürfte allerdings nur zu halten sein, wenn vorher die Überarbeitung des Arbeitsrechts wie vorgesehen bis zum September abgeschlossen ist.

Defizit

Im Wahlkampf versprach der Präsident, das Defizit in Frankreich wieder unter die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken, die im Maastricht-Vertrag vorgesehen ist. Die Stunde der Wahrheit schlägt bereits an diesem Donnerstag, wenn der Rechnungshof Zahlen zum aktuellen Defizit veröffentlicht. Laut Presseberichten kommt der Rechnungshof zu dem Ergebnis, dass das Minus auch in diesem Jahr bei 3,2 Prozent liegen wird – statt bei 2,8 Prozent, wie Macrons Vorgänger François Hollande kalkuliert hatte.

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