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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

© imago/photothek

Neues Arbeitsrecht in Frankreich: Heißer Herbst? Eher nicht

Die Beliebtheit von Emmanuel Macron mag bröckeln - aber beim Arbeitsrecht erweist sich Frankreichs Staatschef als geschickter Reformer. Ein Kommentar.

Als „D-Day“ haben französische Medien diesen Donnerstag bezeichnet. Heute haben Frankreichs Regierungschef Edouard Philippe und Arbeitsministerin Muriel Pénicaud die Pläne von Emmanuel Macrons Arbeitsrechts-Reform enthüllt. Dies mit dem „D-Day“ im Zweiten Weltkrieg zu vergleichen, wirkt zwar ziemlich martialisch. Man könnte es aber so formulieren: Wenn die am Donnerstag vorgestellte Reform gelingt, hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gute Chancen, die Schlacht gegen die Arbeitslosigkeit in Frankreich zu gewinnen. Die ersten Anzeichen sprechen dafür, dass dies dem Präsidenten – Beliebtheitswerte hin oder her – gelingen könnte.

Nicht ohne Grund gilt die Arbeitsrechts-Reform als ein entscheidender Baustein in Macrons Reformwerk. Die Massenarbeitslosigkeit ist ein französisches Übel, an dem sich Macrons Vorgänger Hollande, Sarkozy, Chirac und Mitterrand erfolglos abgearbeitet haben. Seit 1984 ist die Arbeitslosenquote in Frankreich kein einziges Mal unter sieben Prozent gefallen. Mit Macrons Reform, so hofft man nicht zuletzt auch in Deutschland, soll sich das ändern.

Macron zielt auf eine Verbesserung des Investitionsklimas

Zwar sollte man sich von der Neufassung des „Code du travail“, die Macron nun in Angriff genommen hat, keine Wunder erwarten. Frankreichs Massenarbeitslosigkeit hat viele Ursachen. Dazu zählen die Schwäche der französischen Exportindustrie auf vielen wichtigen Auslandsmärkten und ein Bildungssystem, das zu wenige Facharbeiter hervorbringt. Dennoch kann das neue Arbeitsrecht dazu beitragen, das Investitionsklima zu verbessern. Unternehmer, zumal in kleineren und mittleren Unternehmen, erhalten Klarheit darüber, bis zu welcher Höhe sie Abfindungen zahlen müssen. Global agierende Konzerne sollen künftig die Möglichkeit erhalten, zum Mittel betriebsbedingter Kündigungen zu greifen, wenn das Unternehmen in Frankreich in Schieflage gerät – und nicht, wie es die bisherige Regelung vorsieht, wenn die weltweite Bilanz mies ist.

Linker Abgeordneter warnt vor "Uberisierung"

Zwar warnte beispielsweise der linke Abgeordnete Alexis Corbière von der Bewegung „Das unbeugsame Frankreich“ unmittelbar nach der Veröffentlichung der Reformpläne davor, dass Macrons Neuerung zu einer „Uberisierung“ der Gesellschaft – also der massenhaften Beschäftigung von Billiglöhnern – führen werde. Dennoch sieht es im Moment eher nicht danach aus, als wenn Macrons Reform die Franzosen in diesem Herbst massenhaft auf die Straße treiben würde. Macron muss nicht befürchten, dass die Gewerkschaften ihre Kräfte bündeln und gemeinsam zum Protest gegen die Arbeitsrechts-Reform aufrufen. Das liegt daran, dass sich auch die Arbeitnehmervertreter in der Reform wiederfinden können: Die bisherigen Branchenvereinbarungen sollen entgegen den Befürchtungen der Gewerkschaften nur in geringem Maße eingeschränkt werden.

Ein Dialog der Sozialpartner - für Frankreich wäre das eine Revolution

Dabei wäre geradezu ein Wunder, wenn das neue Arbeitsrecht wie von Macron geplant in den kommenden Wochen mehr oder weniger geräuschlos in Kraft treten würde. In der Regel sind die Franzosen erfindungsreich, wenn es darum geht, auf ihre Interessen am Arbeitsplatz aufmerksam zu machen – bis hin zum drastischen Mittel des „Bossnapping“, bei dem Manager von der Belegschaft in ihren Büros festgesetzt werden. Eine Kultur des Dialogs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wie sie in Deutschland herrscht, sucht man im Nachbarland vergebens. Aber vielleicht gelingt es Macron tatsächlich, den Umgang der Sozialpartner zu revolutionieren – so wie er schon das sklerotische Parteiensystem zum Einsturz gebracht hat.

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