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In knapp vier Stunden von Berlin nach München mit dem Zug - das ist jetzt möglich.

© Martin Schutt/dpa

Neue Zugstrecke Berlin-München: Schneller ist nicht gut genug: Was bei der Bahn passieren muss

Zehn Milliarden Euro hat die neue Schnellverbindung zwischen Berlin und München gekostet. Viel Geld für die Bahn, die an selbst gesteckten Ziele vorbeifährt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Klaus Kurpjuweit

Schneller, häufiger – und extrem teuer. Mit der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald nimmt die Deutsche Bahn an diesem Sonntag einen Abschnitt der Superlative in Betrieb. So schnell und so oft wie noch nie rasen nun die Züge von Berlin nach München und von München nach Berlin, zumindest theoretisch.

Mit mehr als zehn Milliarden Euro für das „Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8“ war das Vorhaben, das den Ausbau zwischen der Hauptstadt und Nürnberg umfasst, allerdings auch das teuerste in der Geschichte der Bahn. Noch teurer als – bisher – der Flughafen BER oder der Bahnhof Stuttgart 21.

26 Jahre Planungs- und Stillstandszeit

Ist diese stolze Summe gerechtfertigt? Die Einheit Deutschlands, die mit den 17 nach der Wende beschlossenen Verkehrsprojekten schnell vollzogen werden sollte, ist zumindest bei den Verkehrswegen längst erreicht. Im Mittelpunkt steht nach 26 Jahren Planungs-, Stillstands- und Bauzeit nun das Tempo auf den Gleisen.

Weil sich bei den schnellsten Zügen die Fahrzeit von sechs auf vier Stunden reduziert, rechnet die Bahn damit, dass sie die Zahl der Fahrgäste in den Zügen auf 3,6 Millionen im Jahr verdoppeln kann. Wie den Marktanteil, der von 20 Prozent auf 40 Prozent steigen soll.

Umsteigen sollen vor allem Kunden, die bisher geflogen sind, aber auch Autofahrer und Busnutzer. Wenn das gelingt, hilft es der Luftqualität, die seit Dieselgate wieder von zentralem Interesse ist. Etwa 100.000 Tonnen des schädlichen Kohlendioxids würden pro Jahr eingespart, hat die Bahn ausgerechnet. Das entspricht mehr als 1,2 Millionen Autofahrten zwischen Berlin und München. Und gibt so eine Idee von möglichen Kosten der viel beschworenen Mobilitätswende.

Es braucht Verlässlichkeit

Die Strecke verbindet nicht nur zwei Städte. Sie ist ins Netz integriert und führt so auch auf anderen Routen zu schnelleren Verbindungen. Die Mehrzahl der Fahrgäste profitiert davon. Allerdings verlieren Städte an der bisherigen Strecke die meisten Anschlüsse an den Fernverkehr. Ihnen muss die Bahn schnell neue Verbindungen anbieten, damit die Rennstrecke auch dort akzeptiert wird. Damit die Rechnung aufgeht, muss sich die Bahn auch im Alltag anstrengen. Sie muss nicht nur schnell, sondern auch verlässlich unterwegs sein. Und pünktlich.

Auch im Güterverkehr muss einiges geschehen

Im Fernverkehr fährt sie in diesem Jahr an ihrem selbst gesteckten Ziel wieder weit vorbei, was auch eine Folge der stürmischen Wetterkapriolen war, derentwegen die Bahn den Verkehr zwischendurch fast komplett eingestellt hatte. Hier muss sie sich eine neue Strategie einfallen lassen. Die braucht sie auch für den Güterverkehr, vor allem auf der Neubaustrecke. Bisher sind dort noch keine Fahrten angemeldet worden – ein Unding.

Wie es nicht gehen sollte, hat das Unternehmen unmittelbar nach der pompösen Eröffnungsfeier am Freitag gezeigt: Auf der Rückfahrt von Berlin nach München blieb ein ICE gleich mehrfach liegen. Die Fahrt dauerte so sechs Stunden. Wie vor der Milliarden-Investition.

Wenn die Bahn die Wende zum Besseren schafft, wird auch die Wende im Verkehr möglich. Geld für weitere Verbesserungen des Netzes hat der Bund zugesagt. Wenn es geschickt eingesetzt wird, können sich auch kleinere Projekte groß auswirken – etwa das Beseitigen von Engpässen. Sogar Großprojekte können sich dann wieder lohnen. Dass man diese auch in Deutschland noch umsetzen kann, haben die Macher der Schnellverbindung Berlin-München gezeigt.

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