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US-Präsident bei einem Besuch in Jerusalem.

© AFP

Nato und G7 zweifeln an US-Präsident: Der Clown aus Washington

Europäische Minister stellen hinter vorgehaltener Hand die Frage, ob die Trump-Regierung überhaupt noch in der Lage ist, angemessen auf internationale Krisen zu reagieren.

Wenn Donald Trump in dieser Woche zum ersten Mal seine westlichen Kollegen aus Nato und G7 trifft, treibt Amerikas Verbündete vor allem die Tatsache um, dass der US-Präsident zu Hause bis zur Halskrause in einem Sumpf aus Skandalen steckt. In nur vier Monaten hat sich Trump so tief in die Affäre um mutmaßliche Kontakte seines Wahlkampfteams zu Russland verstrickt, dass seine Auslandsreise nach Nahost und Europa vielfach als Flucht vor dem Schlamassel gesehen wird. Der Präsident hat FBI-Chef James Comey gefeuert und später angedeutet, dass die Russland-Ermittlungen der Bundespolizei der Grund dafür waren. Der eingesetzte unabhängige Sonderermittler Robert Mueller könnte weitere für die Regierung peinliche oder sogar gefährliche Erkenntnisse zutage fördern. Innenpolitische Gegner des Präsidenten fordern ein Amtsenthebungsverfahren.

Angesichts der Enthüllungen und Vorwürfen stellen europäische Minister hinter vorgehaltener Hand die Frage, ob die Trump-Regierung überhaupt noch in der Lage ist, angemessen auf internationale Krisen zu reagieren und Visionen zu entwickeln. „Wenn man sich nur über Twitter-Botschaften streitet und keine Zeit hat, zu verfolgen, was auf der Welt los ist, dann ist das wirklich verstörend“, zitierte die „Washington Post“ einen namentlich nicht genannten Ressortchef.

Zweifel an Trump haben zugenommen

Offiziell geht im Alltag der Kontakte zwischen der US-Regierung und westlichen Ministern alles seinen gewohnten Gang. Aber: Die Erfahrung zeige, dass ein Politiker eine solche Welle von Skandalen nur selten unbeschadet überstehe, heißt es bei europäischen Amtsträgern. „Das kann nicht gut gehen“, sagte einer von ihnen kürzlich. Es stelle sich die Frage, ob der Erosionsprozess in der Trump-Regierung noch zu stoppen sei. Der Präsident werde in Berlin und anderen Hauptstädten als Clown belächelt, berichtete das US-Magazin „Politico“. Ein ungenannter deutscher Diplomat sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Zweifel an „Trump selbst, seinem Charakter, seiner Reife und seiner Vertrauenswürdigkeit“ hätten zugenommen. Dass Trump israelische Geheimdiensterkenntnisse im Gespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ausgeplaudert haben soll, macht den Präsidenten Medienberichten zufolge bei westlichen Diensten zum Risikofaktor.

Trump nannte Erdogan einen „klasse Kerl“

Die Rolle des Führers der westlichen Welt wird dem US-Präsident jedenfalls nicht zugetraut, nicht zuletzt weil Trump immer wieder Beweise dafür liefert, wie schlecht er über die Welt jenseits der Landesgrenzen informiert ist. Der Agentur Reuters zufolge reagierte er kürzlich in einem Telefonat mit Angela Merkel völlig überrascht, als die Kanzlerin die Nazi-Vergleiche und andere Schimpftiraden des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan erwähnte. Trump nannte Erdogan einen „klasse Kerl“ und wusste offenbar nichts von dem wochenlangen deutsch-türkischen Streit.

Hoffnung schöpfen Trumps europäische Gesprächspartner aus der Tatsache, dass außenpolitische Profis wie Verteidigungsminister James Mattis und Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster an Einfluss im Weißen Haus gewonnen haben. Die Populisten-Fraktion um Trumps Chefstrategen Stephen Bannon ist in den Hintergrund gerückt. McMaster, Außenminister Rex Tillerson und andere vermittelten den Eindruck, dass sie ihre Sachthemen im Griff hätten, heißt es in den Reihen der Europäer. Der Vormarsch der Realos im Weißen Haus kann die Verunsicherung bei Amerikas Partnern aber nicht völlig beseitigen, wie Pierre Vimont, ein ehemaliger französischer Botschafter in den USA, in der „Washington Post“ unterstrich. Wenn an einem Tag gesagt werde, die Nato sei obsolet, und die Regierung am nächsten Tag das Gegenteil betone, dann schaffe das den Eindruck einer Unberechenbarkeit, der so schnell nicht wieder zerstreut werden könne.

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