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"Wir sind Verbündete, wir sind geeint"? Wort und Bild fielen beim Nato-Gipfel auseinander. US-Präsident Donald Trump (Mitte) trat ruppig auf. Rechts von ihm Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, links die britische Premierministerin Theresa May.

© Matt Dunham/AP Pool/dpa

Nato-Gipfel: Von Worten und Taten

Heikle Premiere in Brüssel: Bei der ersten Begegnung mit den Verbündeten fällt US-Präsident Trump mit ruppigem Auftreten auf. Eine Analyse.

Sie haben sich in die Augen geschaut – und mussten Farbe bekennen: Donald Trump und die Nato-Partner. Der Wert der Allianz und ihre Zukunft entscheiden sich zwar nicht an Gipfelbeschlüssen, sondern in der Praxis. Doch wenn die Kluft zwischen Wort und Tat zu groß wird, hat die Allianz ein Problem.

Die USA und die Bekenntnislücke

Zweifel am Zusammenhalt hatten mehrere Alliierte geweckt, auf unterschiedliche Weise. Im Fall der USA waren es die Worte, nicht die Taten. Die USA stellen 70 Prozent der Schlagkraft. Ihre Bereitschaft, ins Militär zu investieren und es einzusetzen, ist offenkundig. Trump hat aber hinterfragt, ob jedes Mitglied bei einem Angriff auf US-Beistand rechnen kann.

Russlands Nachbarn sehen darin eine existenzielle Frage. Sie erwarteten ein klares Bekenntnis zu Artikel 5. Und bekamen ein lauwarmes: Trump würdigte die bislang einmalige Nutzung der Klausel nach dem Terrorangriff auf die USA nach 9/11. Der andere Ärger mit Trumps Regierung – zu viele Geheim-Infos sickern an Medien durch – spielte nur eine Nebenrolle beim Gipfel.

Europa und die Finanzierungslücke

Die meisten europäischen Mitglieder haben das umgekehrte Problem. Ihre Worte lassen keinen Zweifel an der Bündnistreue, wohl aber die Taten. Sie haben mehrfach versprochen, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben, tun es aber nicht. Trump übt Druck aus, damit sich das ändert. Das fordern auch Großbritannien, Frankreich, Polen. Generell fiel Trumps ruppiges Auftreten beim Nato-Gipfel auf. Da helfen keine guten Worte mehr. Deutschland und andere Wortbrüchige müssen das Versprechen mit einer glaubwürdigen Finanzplanung unterfüttern.

Die Versuche, zum Beispiel der deutschen Linken, das Ziel in Frage zu stellen – mit der Behauptung, erst mal brauche man Einvernehmen, was die Nato tun solle; erst daraus ergeben sich Anforderungen und Finanzbedarf – ist Ablenkung. Erstens liegen die Planungen in Brüssel vor. Zweitens reichen die Finanzen nicht mal annähernd für die nötigen Investitionen in Material und Fähigkeiten. Zu viele deutsche Flieger fliegen nicht, zu viele deutsche Panzer fahren nicht. Zu viele deutsche Einheiten üben nicht.

Trump drückt weiter

Die Bekenntnislücke können die USA leichter und schneller schließen als die Europäer ihre Finanzierungslücke. Trump lenkt nicht so schnell ein, weil dann der Druck nachließe. Es war jedoch klar, dass der Nato-Gipfel daran nicht scheitern würde.

Schwieriger lösen lassen sich zwei andere Dissense. Erstens: Wo wird die Nato dringender zur Stabilisierung gebraucht, an ihrer Ostflanke wegen Russland, dem Ukrainekrieg und der Krimfrage? Oder an ihrer Südflanke, um zu helfen, die Fluchtbewegungen aus Afrika etwas besser zu kontrollieren und zu lenken? Darauf geben Mittelmeeranrainer und Ostmitteleuropäer unterschiedliche Antworten.

Gefährlicher Streit mit der Türkei

Der zweite, gefährlichere Streit betrifft die Rolle der Türkei in Syrien und im Irak. Die Interessen der Türkei, einen Kurdenstaat zu verhindern, sowie der USA (plus der meisten anderen Verbündeten), die Kurdenmilizen gegen den IS zu nutzen – wofür die eine politische Belohnung erwarten –, prallen unversöhnlich aufeinander. Da wird es am Ende einen Verlierer geben, also auch einen Folgekonflikt.

Die Frage , ob sich die Nato offiziell dem Krieg gegen den Terror anschließt, war am Ende nicht ganz so heiß, wie manche dachten. Das Bündnis ist ja längst aktiv, beteiligt sich nur nicht an Kampfeinsätzen. Der Beschluss wird am Umfang wenig ändern. Auch die Glaubwürdigkeit hängt davon nicht ab.

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