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Die Steinwürfe jugendlicher Steinewerfer gegen israelische Sicherheitskräfte im Gaza-Streifen oder im Westjordanland sind zum Symbol der Intifada geworden.

© Reuters

Update

Nahost-Konflikt: Böll-Stiftung zieht Unterstützung für Konferenz mit Hamas-Leuten zurück

Die Heinrich-Böll-Stiftung war Partner einer Konferenz zu "30 Jahre Intifada", bei der auch zwei Hamas-Leute reden sollten. Sie gibt Fehler zu.

Von Matthias Meisner

Eine Konferenz zum 30. Jahrestag des Intifada-Aufstandes sorgt für Wirbel - weil auf der von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung zunächst mitfinanzierten Tagung Ende des Monats auch zwei Anführer der Hamas als Redner geladen sind. Zwei Tage nach dem Beginn der öffentlichen Debatte dazu zog die Stiftung ihre "praktische und finanzielle Unterstützung" zurück, wie ihr Sprecher Michael Alvarez am Mittwoch dem Tagesspiegel sagte.

Zuvor hatte er bestätigt, das Stiftungs-Büro Ramallah kooperiere "wie jedes Jahr" mit der Jahreskonferenz des Institute for Palestine Studies (IPS), eines renommierten und unabhängigen Instituts Palästinas. Es habe jedoch keine Beteiligung der Stiftung an Konzeption und Organisation der Konferenz 2017 gegeben.

Die erste Intifada hatte am 9. Dezember 1987 begonnen. Die IPS-Konferenz soll vom 24. bis 26. November in Gaza und vom 28. bis 30. November in der libanesischen Hauptstadt Beirut stattfinden. Die Einladung an die Hamas-Anführer Ghasi Hamad und Hasan Yusuf war am Montag publik geworden. Aras-Nathan Keul, Präsidiumsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hatte darüber auf Twitter informiert. Die radikalislamische Hamas steht auf der Terrorliste der EU und hat das Ziel, Israel zu vernichten.

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Die Böll-Stiftung ließ zunächst ihr Logo von der Homepage des Kongresses nehmen. Alvarez sagte, auch werde die Leiterin des Stiftungsbüros in Ramallah, Bettina Marx, nicht wie ursprünglich geplant an der Konferenz teilnehmen. Sie sollte dort eine Rede zur Eröffnung halten. Die Leiterin des Stiftungsbüros in Tel Aviv, Kerstin Müller, stellte auf Twitter klar, die Böll-Stiftung sei entschieden gegen Debatten mit Terrororganisationen wie der Hamas. Sie teilte weiter mit: "Das Stiftungsbüro Ramallah unterstützt die Veranstaltung nicht mehr. Gute Entscheidung."

Die Stiftung begründete ihren Rückzug mit der Hamas-Beteiligung an der Konferenz, über die von den Partnern nicht rechtzeitig informiert worden sei. Der Sprecher der Böll-Stiftung sagte, die Stiftung sei "nicht glücklich", dass die Einladung an Hamas-Vertreter ausgesprochen worden sei. Er versicherte, die beiden Anführer seien "als Zeitzeugen" geladen, nicht als Vertreter der radikalislamischen Organisation. Auch das Stiftungsbüro in Ramallah habe von der Einladung nichts gewusst.

Der Stiftungs-Sprecher erklärte weiter: "Wir lehnen die Politik der Hamas entschieden ab, Gewalt als Mittel der Konfliktlösung anzuwenden. Vor allem darf das Existenzrecht Israels nicht in Zweifel gezogen werden. Ebenso lehnen wir jedwede Form des Antisemitismus und Verstöße der Hamas gegen Menschen- und Frauenrechte ab."

Zusammenarbeit mit Institut soll weitergehen

In den nächsten Tagen soll nun geklärt werden, welche Summen möglicherweise bereits gezahlt wurden beziehungsweise welche Finanzflüsse und -modalitäten vereinbart waren. "Angesichts des Gesamtrahmens der Konferenz" gehe es vermutlich "nicht um hohe Beträge", in der Regel um Posten wie etwa Saalmiete. "Einen Geldfluss an die Podiumsteilnehmer können wir definitiv ausschließen", sagte Alvarez. Grundsätzlich seien Konferenzen zur zeitgeschichtlichen innerpalästinensische Reflexion und Debatte "legitim und auch notwendig", sagte er.

Alvarez betonte: "Unabhängig von dieser Konferenz hat unsere langjährige Gesamtkooperation mit dem IPS als einem politisch unabhängigen, auch international renommierten Institut wissenschaftlicher Forschung und Debatte einen relevanten gesellschaftlichen Stellenwert vor Ort wie auch international und wird fortgesetzt."

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Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hatte die Böll-Stiftung aufgefordert, die Angelegenheit mit dem Stiftungsbüro Ramallah "in Ordnung" zu bringen. Er schrieb auf Twitter: "Die Unterstützung von PR-Veranstaltungen mit Hamas-Vertretern können nicht über Kooperationen mit Dritten unterstützt werden." Der Antisemitismusforscher Samuel Salzborn twitterte, wenn die Stiftung erkläre, "wie jedes Jahr" bei der IPS-Konferenz zu kooperieren, klinge das, als könne man das nicht ändern. "Kann man aber. Die Schlüsselfrage also: Wird die Böll-Stiftung auf der Basis dieser Fakten die Kooperation beenden?"

Versöhnungsgespräche von Fatah und Hamas

Am Dienstag hatten die rivalisierenden Palästinensergruppen Versöhnungsgespräche in Kairo aufgenommen. Vertreten waren 13 politische Parteien. Die beiden größten palästinensischen Parteien, Fatah und Hamas, werden von Unterhändlern vertreten - Fatah-Chef Mahmud Abbas und Hamas-Anführer Ismail Hanija sind nicht in die ägyptische Hauptstadt gereist. Bei einem Scheitern des Aussöhnungsprozesses wird ein neuer Konflikt mit Israel befürchtet.

Fatah und Hamas hatten am 12. Oktober ein Versöhnungsabkommen geschlossen. Dieses sieht vor, dass die Hamas die Macht im Gazastreifen bis zum 1. Dezember abgibt. Ziel ist, dass die Fatah die gesamte Kontrolle im Gazastreifen übernimmt, es gibt allerdings noch große Hindernisse. Streitpunkt ist vor allem die Zukunft des bewaffneten Arms der Hamas.

Bettina Marx vom Büro der Böll-Stiftung in Ramallah hatte im September in einem Interview mit dem Deutschlandfunk Zweifel angemeldet, dass Versöhnungsgespräche von Fatah und Hamas erfolgreich sein werden. Speziell im Gazastreifen sei die Verzweiflung "sehr, sehr groß, aber auch der Zweifel, dass dieser Versöhnungskurs funktionieren kann", sagte sie dem Sender. 

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