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Das Bundesarbeitsgericht hat der Nutzung von Überwachungssoftware durch den Arbeitgeber einen Riegel vorgeschoben.

© dpa/ Daniel Naupold

Nach Urteil zur Überwachung am Arbeitsplatz: Ein wirksames Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer ist überfällig

Software sollte nicht zum Erkunden von Arbeitnehmerverhalten genutzt werden. Das Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wäre zu groß. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Wer an Firmencomputern arbeitet, hinterlässt digitale Spuren, die sich verfolgen lassen. Wer macht wann was? Das lässt sich technisch mit entsprechender Software herausfinden. Es mag ja sein, dass in manchen Firmen der Wunsch aufkommt, die digitalen Überwachungsmöglichkeiten zu nutzen und einen heimlichen Blick auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter zu werfen, aber zurückschrecken sollten bei dem Gedanken die Arbeitgeber selbst. Denn was sagt solches Begehr über ihre Betriebe aus? Was denken Vorgesetzte von ihren Mitarbeitern, wenn sie deren Arbeitseinsatz für ausspähungswürdig halten?

Es ist ein großes und grundsätzliches Misstrauen, das im Wunsch nach einem gläsernen Mitarbeiter Ausdruck findet. Kontrolle ist Unfreiheit, und Unfreiheit lähmt. Zu meinen, Überwachung motiviere irgendwen zu engagierterer Arbeit, ignoriert sämtliche Erkenntnisse zur menschlichen Psyche.

Die Richtung: Selbstbestimmung der Arbeitnehmer

Umfragen belegen immer wieder, dass Menschen Arbeit als Bestandteil ihres Lebens schätzen. Ohne Arbeit und Beschäftigung will man nicht sein. Von Knechtschaft ist in solchen Umfragen allerdings nie die Rede. Und so ist die Gesellschaft eigentlich auch gerade in Sachen Arbeit in eine ganz andere Richtung unterwegs: Zu den aktuellen Debatten gehören Schlagworte wie Wochenarbeitszeit, die sich jeder nach seinen Bedürfnissen einteilt.

Arbeit soll vom Ergebnis her gedacht werden, und dem Einzelnen kann man weitestgehend selbst überlassen, wie er diese Ziele erreicht. Schließlich ist der Mensch unterschiedlich in seinen Strategien. Zwar geht es auch bei solchen Überlegungen um Effizienzsteigerung (und sie bergen darüber hinaus das Risiko der Selbstausbeutung), aber der dahinter stehende Gedanke ist: mehr Selbstbestimmung für die Arbeitnehmer.

Das Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist groß

Da mutet es doch wie ein fauler Witz an, dass ausgerechnet die Digitalisierung, die proklamierte Basis für diese moderne 4.0-Arbeitswelt der Ort- und Zeitungebundenheit von Arbeitnehmern, genutzt wird, um ins Vormoderne zurückzukehren: der 4.0-Arbeitnehmer als digitaler Sklave, an die virtuelle Kette gelegt und so allzeit im Blick gehalten. Und das sind keine Szenarien aus kleinen Hinterhoffirmen. Es gab Fälle unzulässiger Überwachung auch beim Discounter Lidl, es gab so etwas beim Staatskonzern Deutsche Bahn.

In der Konsequenz wurde auf rechtlicher Basis nachgelegt, aber nicht ausreichend. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft ist ein wirksames Arbeitnehmerdatenschutzgesetz überfällig. Es sollte empfindliche Sanktionen bei Zuwiderhandlung gleich mit einschließen. Denn das Machtgefälle zwischen dem Arbeitgeber, der die Daten erfasst, und dem Arbeitnehmer, um dessen Daten es geht, ist groß.

Was alles nicht heißen soll, dass Arbeitgeber sich nicht wehren dürfen, wenn ihre Angestellten im Dienst stundenlang aus Privatvergnügen im Internet surfen. Aber das muss über persönliche Gespräche laufen, nicht auf die klammheimliche Hacker-Art.

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