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Fahndungsfotos des Tunesiers Anis Amri.

© dpa

Breitscheidplatz-Attentäter: Grüne wollen Untersuchungsausschuss im Fall Amri

Die Opposition kritisiert den Bericht der Taskforce im Fall Anis Amri – und fordert weiter Aufklärung. Zu viele Fragen seien noch offen.

Die Grünen wollen sich im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri intensiv um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag bemühen. „Ein Untersuchungsausschuss ist unausweichlich. Wir werden so schnell wie möglich mit allen Fraktionen Gespräche führen“, sagte am Donnerstag der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der Mitglied des Innenausschusses ist. Wie gut die Chancen dafür in dieser Legislaturperiode noch stehen, ist aber fraglich.

Anlass für die erneute Dringlichkeit ist der Bericht zu Anis Amri, den die Taskforce des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) vorgelegt hatte. Das PKGr ist für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig und tagt im Geheimen. Auch der Bericht ist geheim. Er habe zwar eine „völlig neue Dimension der Gefährdung aufgedeckt“, sagte der Grüne Hans-Christian Ströbele, der Mitglied im PKGr ist. Dennoch bestünden weiter zahlreiche offene Fragen.

"Wie unter einer Käseglocke"

Der Linken-Politiker André Hahn kritisierte den Bericht als „an ganz entscheidenden Stellen unvollständig und daher nur bedingt beziehungsweise gar nicht geeignet, die Vorgänge um den Anschlag aufzuklären“. Das liege zum einen daran, dass dem PKGr von den Behörden in Nordrhein-Westfalen so gut wie keine Unterlagen übergeben worden seien. Zum anderen habe der Ständige Bevollmächtigte des PKRr, der am Bericht der Taskforce federführend beteiligt war, zahlreiche Gespräche geführt, von denen die Abgeordneten des PKGr keine Kenntnis hatten. Die Arbeit eines Untersuchungsausschusses, so das Argument der Grünen, wäre dagegen öffentlich.

Besonders beschäftigt sie die Frage, „warum sich Anis Amri, wie unter einer Käseglocke geschützt durch Deutschland bewegen konnte“, sagte Notz. Recherchen des RBB gaben vor einigen Tagen Hinweise darauf: Während der Ermittlungen gegen den radikalislamischen Prediger Abu Walaa wurde Amri vom LKA Nordrhein-Westfalen als sogenannter „Nachrichtenmittler“ geführt. Er lieferte also einer Vertrauensperson wichtige Informationen, weswegen er womöglich unbehelligt bleiben sollte. „Das ist nicht bis ins Letzte aufgeklärt“, sagte die Grünen- Innenpolitikerin Irene Mihalic.

"Formal-künstliche Konstruktion"

Ströbele wies außerdem auf Medienberichte hin, wonach Amri im Chat mit einem mutmaßlichen IS-Terroristen in Libyen verklausuliert über ein mögliches Selbstmordattentat gesprochen hatte. „Für mich ist das ein klassischer Fall von Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung – nämlich im IS.“ Das sei strafbar. Man hätte Amri festsetzen müssen.

Während die Grünen vor allem die Frage nach der Verantwortung der Bundesbehörden stellen, sucht der Vorsitzende des PKGr, Clemens Binninger (CDU), die politische Verantwortung bei Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD). Es seien besonders nordrhein-westfälische Behörden mit Amri beschäftigt gewesen.

"Es hätte Rücktritte gegeben"

Binninger kritisierte zudem das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern. Dort war Anis Amri insgesamt elf Mal Thema. Dabei ging es aber immer nur um Hinweise auf bestimmte Taten und nicht um die Gefährlichkeit von Amris Person insgesamt. Binniger kritisierte das als „eine formal-künstliche Konstruktion“.

Die Grünen forderten, die zuständigen Minister müssten Verantwortung übernehmen. „Wenn wir im Dezember schon gewusst hätten, was wir heute wissen, dann hätte es Rücktritte gegeben“, sagte Innenpolitiker Notz. Damit meinte er nicht nur den NRW-Innenminister Jäger, sondern auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

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