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Der niederländische Außenminister Halbe Zijlstra musste nach einer Lüge zurücktreten.

© Martijn Beekman, AFP

Nach Lüge des Außenministers: Misstrauensvotum gegen Regierungschef der Niederlande

Außenminister Zijlstra hat von einem Treffen mit Wladimir Putin berichtet, an dem er gar nicht teilnahm. Er trat zurück. Doch die Lüge hat weitere Folgen.

Nach dem Rücktritt des niederländischen Außenministers Halbe Zijlstra muss sich Regierungschef Mark Rutte einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Die Abstimmung wurde von dem rechtspopulistischen Politiker Geert Wilders erwirkt, die Beratungen darüber begannen bereits am Dienstagabend. Ruttes Vier-Parteien-Koalition hat nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament, niederländische Medien rechnen aber mit einem Scheitern des Misstrauensvotums.

Zijlstra war nach nur vier Monaten im Amt wegen einer Lüge über ein angebliches Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin zurückgetreten. "Ich sehe heute keine andere Möglichkeit, als meinen Rücktritt einzureichen", sagte Zijlstra am Dienstag während einer Parlamentssitzung in Den Haag vor den Abgeordneten. Er hatte behauptet, eine Putin-Äußerung über "Groß-Russland" mit angehört zu haben.
Der Minister hatte am Montag einräumen müssen, dass er anders als behauptet nicht an einem Treffen mit Putin in dessen Datscha im Jahr 2006 teilgenommen hatte. Vor dem Parlament entschuldigte er sich für seine Lüge. "Ich hätte das wirklich nicht tun dürfen", sagte Zijlstra. "Das ist bei Weitem der größte Fehler, den ich in meiner Karriere begangen habe."

"Im Großen und Ganzen richtig"

Zijlstra, Mitglied der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Ministerpräsident Mark Rutte und ehemals für den Ölriesen Shell tätig, hatte im Mai 2016 auf einer VVD-Konferenz erklärt, an dem Treffen mit Putin und dem ehemaligen Shell-Chef Jeroen van der Veer habe er "im Hintergrund als Assistent" teilgenommen. Dabei habe er klar Putins Antwort auf die Frage gehört, was er unter "Groß-Russland" verstehe. Putin habe gesagt, dass er zu "Groß-Russland" zurück wolle und dass dazu gehöre: "Russland, Weißrussland, die Ukraine und die baltischen Staaten". Zijlstra musste dann gegenüber der Zeitung "De Volkskrant" einräumen, "gelogen" zu haben. Die Geschichte habe er von jemandem "geborgt", der im Gegensatz zu ihm tatsächlich in der Datscha zugegen gewesen sei und ihm davon erzählt habe. Zugleich hielt er daran fest, dass er Putins Worte im Großen und Ganzen richtig wiedergegeben habe.
Ministerpräsident Mark Rutte tadelte die Lüge seines Ministers, wandte sich aber nicht von ihm ab. Zijlstra "hätte nicht behaupten sollen, irgendwo gewesen zu sein, wo er nicht war", sagte Rutte am Montag. Er halte seinen Minister dennoch für glaubwürdig, weil "der Kern der Geschichte wahr war". Die Enthüllung traf Zijlstra zu einem unpassenden Zeitpunkt: Für Dienstag war ein Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Moskau geplant. An der Eignung des ehemaligen Shell-Mitarbeiters als Außenminister in der Vier-Parteien-Koalition von Rutte war schon zuvor gezweifelt worden. Zijlstra fehle die Erfahrung, hieß es bei dessen Ernennung zum Minister im Oktober. Laut dem "Volkskrant" hatte er die Geschichte mit Putin auch erfunden, "um Kritik an seiner fehlenden außenpolitischen Erfahrung abzuwehren". AFP

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