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AfD-Kundgebung am Mittwochabend in Erfurt. Laut Polizei versammelten sich auf dem Domplatz bis zu 700 Anhänger der Partei.

© Martin Schutt/dpa

Nach Kundgebung in Erfurt: AfD streitet um Schulterschluss mit Pegida

Namhafte AfD-Politiker wollen eine Zusammenarbeit mit der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung. Die Bundesvorsitzende Frauke Petry bleibt reserviert.

Von Matthias Meisner

Es war der erste Auftritt eines Pegida-Vertreters bei einer Kundgebung der AfD in Erfurt. Siegfried Däbritz, stellvertretender Chef der islam- und fremdenfeindlichen Bewegung, war am Mittwochabend in die thüringische Landeshauptstadt gekommen, um vor rund 700 Zuhörern den Protest gegen den geplanten Bau einer Moschee anzuheizen.

Eine "Aufklärungskampagne" kündigte Däbritz an, "um den Bau zu verhindern". Auf dem Domplatz willkommen geheißen wurde der Pegida-Wortführer vom thüringischen AfD-Chef Björn Höcke, der Pegida jüngst als einen Wegbereiter für die Wahlerfolge der AfD bezeichnet hatte. Auch Höcke sprach gegen die Moschee-Pläne. Er sei in Sorge, dass am Erfurter Dom künftig der Halbmond als Symbol des Islam zu sehen sein werde.

Däbritz gab sich auf der Kundgebung schwärmerisch, wie die "FAZ" berichtete. "Wir werden eine große Zeitenwende erleben in Europa. Wir sind ein Teil davon. Das sind wir unseren Kindern und auch unseren Ahnen schuldig", sagte er. In Anspielung auf AfD und Pegida fügte Däbritz hinzu: "Wir haben erreicht, dass die Wahlbeteiligung wieder gestiegen ist. Wir haben die Grenzen dessen verschoben, was mit klaren Worten angesprochen werden muss. Wir haben das Schweigen der neuen Einheitspartei Deutschlands durchbrochen."

Auch wenn der Auftritt des Pegida-Gastredners in Erfurt relativ wenige Anhänger anlockte, so hat er dennoch hohen Symbolwert. Denn er unterstreicht, dass mindestens Pegida weiterhin sehr hohes Interesse hat an einer Annäherung an die AfD - und dafür in der rechtspopulistischen Partei auch prominente Unterstützer findet. Am Montag vergangener Woche hatte mit Hans-Thomas Tillschneider aus Sachsen-Anhalt erstmals ein Landtagsabgeordneter der AfD das Wort bei einer Pegida-Kundgebung in Dresden ergriffen.

Tillschneider rief in Dresden deutsche Patrioten auf, sich zu vereinen - und schlug außerdem den wegen Volksverhetzung verurteilten Pegida-Anführer Lutz Bachmann für das Bundesverdienstkreuz vor. Bachmann sagte, Tillschneider werde nicht der letzte AfD-Abgeordnete sein, der bei Pegida sprechen werde.

Petry: Tillschneider hat der AfD geschadet

Tillschneiders Auftritt bei Pegida in Dresden hatte die AfD in Sachsen erheblich verärgert. Fraktionschefin Frauke Petry - zugleich Vorsitzende der Bundespartei - schrieb an ihre Parteifreunde in Sachsen-Anhalt, der Auftritt des sachsen-anhaltischen Abgeordneten sei ein "bewusster Affront gegenüber der sächsischen AfD". In dem Brief, der vom gesamten Vorstand der Landtagsfraktion unterzeichnet war, mokierte sich Petry darüber, dass sie über den Auftritt nicht vorab informiert gewesen sei. Der Vorschlag Tillschneiders, dass Pegida-Chef Bachmann das Bundesverdienstkreuz erhalten müsse, sei angesichts der Vorstrafen und dessen jüngster Verurteilung "völlig unverständlich".

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Als Beispiel für eine "direkte Konkurrenzsituation" führte Petry die Dresdner Oberbürgermeisterwahlen im Juni vorigen Jahres an. Damals war für Pegida die frühere Hamburger AfD-Politikerin Tatjana Festerling ins Rennen gegangen und hatte im ersten Wahlgang 9,6 Prozent der Stimmen geholt - doppelt so viele wie der AfD-Kandidat. Auch wegen der "inhaltlichen Differenzen" gebe es ein "recht distanziertes Verhältnis zum Pegida-Orgateam". Tillschneider habe der AfD "mit seinem öffentlichen Auftritt in Dresden geschadet".

Poggenburg: Schulterschluss besteht doch längst

Sachsen-Anhalts AfD-Landes- und Fraktionschef André Poggenburg sieht das ausdrücklich anders. Es sei "etwas unprofessionell" gewesen, dass man den Auftritt mit dem sächsischen Landesverband nicht "ordnungsgemäß geklärt" habe. Doch sich über die Rede aufzuregen, ginge zu weit. "Der Schulterschluss besteht doch längst." Poggenburg sagte dem MDR, dass Tillschneider Pegida-Chef Bachmann für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen habe, sei als "politische Provakation" zu sehen und "kein ernstgemeinter Antrag".

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Tillschneider rechtfertigte sich, nicht er habe AfD geschadet, sondern die Kandidatur von AfD gegen Pegida bei der jüngsten OB-Wahl in Dresden. Er forderte: "Die Konkurrenz von Pegida und AfD in Sachsen muss enden."

Sachsens AfD-Generalsekretär: Pegida politische Konkurrenz

Sachsens AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer machte am Donnerstag deutlich, dass in seinem Landesverband auch die Einladung von Höcke an Pegida-Anführer Däbritz zum Auftritt in Erfurt nicht gut angekommen ist. "Solange Pegida eine Partei gründen will, ist es für uns klar eine politische Konkurrenz", sagte Wurlitzer dem Tagesspiegel. "Pegida ist eine Bürgerbewegung. Die Leute sollen gerne auf die Straßen gehen und sie haben auch das eine oder andere bewirkt. Die AfD aber ist eine Partei. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe." Die Frage eines Schulterschlusses mit Pegida stelle sich in Sachsen nicht, betonte Wurlitzer. Mit der jetzigen Pegida-Führung werde es "keine Annäherung" geben.

FPÖ für Zusammenarbeit

Diskussionen um eine Allianz zwischen AfD und Pegida gibt es bereits seit Monaten. Im Januar waren Bachmann und Däbritz zum Neujahrsempfang der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nach Wels gereist. FPÖ-Chef Heinz-Christian "HC" Strache würdigte Pegida damals als "äußerst erfolgreiche überparteiliche Bürgerprotestbewegung", welche seit Monaten "wöchentlich zigtausende Bürger - zwecks berechtigter Massenproteste und gegen eine drohende Islamisierung Europas - auf die Straße bringt". Strache empfahl: "Wäre gut, würden die AfD und die Pegida-Bürgerbewegung auch zusammenarbeiten."

Kurz darauf griff Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling die Anregung auf: Es gebe im Bundestag "keine parlamentarische Stimme, die sich gegen die deutsche Unrechtsregierung" erhebe, sagte sie im Januar bei einer Kundgebung in Dresden. "Einzige Opposition in Deutschland ist die Straße, das sind wir, das ist Pegida und das ist die AfD." AfD-Chefin Petry blieb schon damals gegenüber den Pegida-Avancen reserviert.

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