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Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon hat seit der Brexit-Entscheidung mehrfach mit einem erneuten Referendum gedroht.

© Oli Scarff/AFP

Update

Nach dem Brexit: Schottlands Regierungschefin will Unabhängigkeit von London

Schottland will Teil der Europäischen Union bleiben. Regierungschefin Sturgeon strebt nun ein weiteres Referendum zur Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien an.

In den vergangenen Monaten hat sich offenbar bei Nicola Sturgeon ziemlich viel Frust angesammelt. Großbritannien strebe einen „harten Brexit“ an, kritisierte die Ministerpräsidentin Schottlands am Montag bei einer Rede in Edinburgh. Dabei will sie aber nicht mitmachen. Ein „harter Brexit“, wie er sich in den vergangenen Monaten zunehmend abgezeichnet hat, werde weit reichende Folgen für die Wirtschaft und Gesellschaft haben, warnte die Vorsitzende der Regionalpartei Scottish National Party (SNP).

Weil Sturgeons Bedenken gegen einen Ausstieg Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt in London bis jetzt kein Gehör gefunden haben, hat die 46-Jährige nun die Konsequenzen gezogen. Sie will das schottische Regionalparlament in der kommenden Woche um eine Vollmacht ersuchen, um sich mit der britischen Regierungschefin Theresa May über ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum zu verständigen. Das Ziel der Schottin: Nach einem „Ja“ zur Unabhängigkeit bei einem Referendum, das zwischen Ende 2018 und Anfang 2019 stattfinden könnte, könnte Schottland doch noch EU-Mitglied bleiben.

Als „First Minister“ von Schottland ist Sturgeon ist so etwas wie die Ministerpräsidentin eines deutschen Bundeslandes – mit dem entscheidenden Unterschied, dass die seit 1707 bestehende Union zwischen England und Schottland stets ein Bündnis ungleicher Partner gewesen ist. Die immer wieder aufkommende Forderung nach einer Unabhängigkeit Schottlands schien indes 2014 erledigt. Damals sprachen sich 55 Prozent der Wähler nördlich des Hadrianswalls per Referendum gegen die Loslösung von London aus.

Sturgeon will "Schottlands Platz in der EU" schützen

Doch dann kam die britische Volksabstimmung im vergangenen Juni, bei der die Schotten anders als die Engländer für den Verbleib in der EU votierten. Sturgeon reagierte seinerzeit schnell; sie brachte bereits unmittelbar nach der EU-Volksabstimmung ein zweites Schottland-Referendum ins Spiel und kündigte an, „Schottlands Platz in der Europäischen Union“ zu schützen. Allerdings müsste die britische Regierungschefin May ihre Erlaubnis für eine Wiederholung des Unabhängigkeitsreferendums geben. Und ob sich die Schotten diesmal tatsächlich für die Separation entscheiden, ist ebenfalls ungewiss: Nach der jüngsten Umfrage würden sich auch weiterhin 52 Prozent der Schotten für den Verbleib im Vereinigten Königreich entscheiden.

In Brüssel will man sich nicht in den Streit einmischen

In Brüssel hält man sich derweil mit einer Bewertung von Sturgeons Ankündigung zurück. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte am Montag, die Behörde kommentiere keine Fragen, welche die "interne rechtliche oder Verfassungsordnung unserer Mitgliedstaaten" beträfen. Und der deutsch-britische Europaabgeordnete David McAllister sagte dem Tagesspiegel: „Die Frage, ob es ein weiteres Referendum geben wird und wenn ja, wann und wie, ist eine innerbritische beziehungsweise innerschottische Angelegenheit."

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