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Die Linke-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau

© dpa/Michael Reichel

Nach Aufmarsch von Rechten: Linke Petra Pau fordert mehr Schutz für Privatsphäre von Politikern

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau verlangt nach einem Aufmarsch von Neonazis vor ihrem Haus mehr Hilfe von der Polizei. Pau gehört zu den Politikern, die der zunehmenden Aggression Rechtsextremer ausgesetzt sind. Der Bürgermeister von Tröglitz war deshalb kürzlich zurückgetreten.

Von Frank Jansen

Rechtsextremisten versuchen mit zunehmender Dreistigkeit, in die Privatsphäre von Politikern vorzudringen. Betroffen ist nun auch die in Berlin lebende Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke).

Am Montag vor zwei Wochen seien rechte Demonstranten gezielt und lautstark an ihrem Wohnhaus vorbeigezogen, sagte Pau am Sonntag dem Tagesspiegel. „Ich war zuhause und dachte erst, das wäre der Fernseher“, dann habe sie die Demonstranten der rechtsextrem dominierten „Bürgerbewegung Marzahn“ gesehen. Die „Bürgerbewegung“ agitiert gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. „Es war gespenstisch“, sagte Pau. Auch die Nachbarn „wurden in Angst und Schrecken versetzt“.

Morddrohungen per Internet

Die Bundestagsvizepräsidentin ist schon lange Hassobjekt der rechtsextremen Szene. Pau engagiert sich gegen Rassismus und Antisemitismus, monatlich stellt sie bei der Bundesregierung Anfragen zu rechts motivierten Straftaten in Deutschland. Und sie setzt sich in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf für die Unterbringung von Flüchtlingen ein.

Neonazis reagierten im Internet mit Morddrohungen. Sie gehöre „erschossen“ oder an einem Baum aufgeknüpft. Es gibt mehrere Verfahren, Polizei und Staatsanwaltschaft haben nach Informationen des Tagesspiegels mehrere Tatverdächtige ermittelt.

Die Attacken erinnern Pau auf fatale Weise an den Amoklauf von Kay Diesner. Der Neonazi hatte im Februar 1997 in Marzahn mit seiner automatischen Waffe den linken Buchhändler Klaus Baltruschat, einen Genossen von Pau, angeschossen und schwer verletzt. Wenige Tage später tötete Diesner in Schleswig-Holstein den Polizisten Stefan Grage. Am zehnten Jahrestag seines Todes stand Pau gemeinsam mit Grages Mutter am Grab des Beamten.

Kritik an Polizei

Aus Sicht der Politikerin hätte die Polizei den Aufmarsch der „Bürgerbewegung“ an ihrer Wohnadresse vorbei verhindern müssen. Das Versammlungsrecht sei „etwas ängstlich ausgelegt worden“, kritisierte Pau. Sie selbst demonstriere generell nicht vor Wohnungen von Politikern, „auch nicht vor denen der NPD“.

Pau hofft nun, dass die Polizei weiteren Aufläufen bei ihrem Wohnhaus vorbeugt. Zumal sie zwei Tage nach der Demonstration auf Twitter mit den Worten bedroht wurde, „geht es ihnen jetzt besser, oder sollen wir nächste Woche nochmal bei ihnen vorbei? Gerne auch stationäre Kundgebung“. Vergangenen Montag passierte allerdings nichts.

Die Polizei hat Verständnis für die Sorgen der  Bundestagsvizepräsidentin, verweist aber auf die Rechtslage. Das Verwaltungsgericht habe im März 2012 eine Auflage der Polizei aufgehoben, die eine Demonstration von Nazi-Gegnern betraf, sagte der Sprecher der Berliner Polizei, Stefan Redlich. Die Demonstranten wollten im Ortsteil Oberschöneweide an der Wohnung des Berliner NPD-Chefs Sebastian Schmidtke vorbeiziehen. Die Polizei sagte nein, das Verwaltungsgericht erlaubte es doch. Mit der Begründung, die Demonstration richte sich nicht direkt gegen Schmidtke und es sei auch nicht von gewaltsamen Störungen auszugehen.

Rücktritt in Tröglitz

Dennoch werde jetzt geprüft, ob man aufgrund der neuen Erkenntnisse zu einer neuen Bewertung bezüglich der Route der „Bürgerwegung“ in Marzahn kommen müssen, sagte Redlich.  Außerdem würde die Drohung gegen Pau bei Twitter berücksichtigt.

Der Fall Pau ist nicht der einzige, in dem sich Politiker in ihrer Privatsphäre der Aggressivität von Neonazis ausgesetzt sehen. Aufsehen erregte kürzlich der Rücktritt des  Ortsbürgermeisters von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, der sich zu wenig vor einem geplanten NPD-Aufmarsch an seinem Wohnhaus vorbei geschützt sah.

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