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Die Demonstranten versammelten sich außerhalb des Parlaments in der Hauptstadt Tunis.

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Update

Nach Anschlag in Berlin: Tunesische Sicherheitsdienste warnen vor Extremisten - Bevölkerung protestiert

Die Bundesregierung dringt auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien. Dort protestierten Hunderte gegen eine Rückkehr von Dschihadisten. Geheimdienstvertreter fürchten neues "Somalia".

Die tunesischen Sicherheitsdienste schlagen Alarm: Es drohe eine massenhafte Rückkehr tunesischer Dschihadisten in ihre Heimat, warnte die nationale Gewerkschaft der inländischen Geheimdienste am Sonntag in einer Erklärung. Wenn die Regierung diese nicht mit "außergewöhnlichen Maßnahmen" bekämpfe, drohe Tunesien zu einem neuen "Somalia" zu werden, hieß es weiter.

Bei Einsätzen im Irak, in Syrien oder in Libyen hätten die Dschihadisten eine militärische Ausbildung erhalten und könnten jegliche Arten von hochentwickelten Kriegswaffen bedienen, warnte die Gewerkschaft. Zurück in Tunesien könnten sich die Islamisten "Schläferzellen" anschließen. "Ihre Rückkehr zu akzeptieren (...) wird dazu beitragen, dass sich der Kreis des Terrorismus vergrößert", hieß es in der Erklärung.

Die Regierung müsse daher dringend "außerordentliche" Maßnahmen ergreifen, etwa den Entzug der Staatsangehörigkeit. Nach Angaben des Innenministeriums sind bereits 800 Dschihadisten in ihre Heimat zurückgekehrt. Nach Schätzungen einer UN-Arbeitsgruppe kämpfen mehr als 5000 Tunesier in extremistischen Gruppen vor allem im Irak und in Syrien.

Angesichts des Terroranschlags in Berlin demonstrierten am Samstag hunderte Menschen in Tunesien gegen die Rückführung von mutmaßlichen Extremisten in das nordafrikanische Land. Die Demonstranten versammelten sich außerhalb des Parlaments in der Hauptstadt Tunis, wie lokale Medien berichteten. Bilder zeigten Menschen mit Plakaten, auf denen unter anderem „Nein zu Terrorismus“ stand. Der Protest wurde demnach von verschiedenen zivilen Gruppen organisiert.

Nach dem Terroranschlag in Berlin, der mutmaßlich von dem am Freitag erschossenen Tunesier Anis Amri ausgeführt wurde, drang Berlin zuletzt auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte gesagt, dass die Zusammenarbeit zwar schon intensiviert wurde, der Rückführungsprozess allerdings deutlich beschleunigt und die Zahl der Abgeschobenen erhöht werden müsse.

Weitere mutmaßliche Dschihadisten festgenommen

Unterdessen nahmen tunesische Sicherheitskräfte fünf weitere mutmaßliche Dschihadisten fest. Zunächst gab es aber keine Hinweise, dass die Festnahmen in Zusammenhang mit dem Anschlag in Berlin und dem mutmaßlichen Täter Amri stehen. Man habe in einem Randgebiet der Hauptstadt Tunis eine „gefährliche“ Gruppe ausgehoben, die für die Rekrutierung und Entsendung von Kämpfern ins Ausland verantwortlich sei, teilte das tunesische Innenministerium am Sonntag mit. Die Festgenommenen seien zwischen 25 und 40 Jahre alt.

Am Samstag hatten Ermittler in Tunesien drei Männer in Gewahrsam genommen, die mit Amri in Verbindung stehen sollen. Einer der Verdächtigen sei sein Neffe. Amri habe gewollt, dass dieser der Terrormiliz Islamischer Staat die Treue schwöre. Die Behörden in Tunesien hatten zuletzt mitgeteilt, dass 800 Extremisten, die aus Ländern wie Libyen, Syrien oder dem Irak wiedergekehrt waren, in dem nordafrikanischen Land unter Sicherheitsüberwachung stehen.

Tunesien ist zwar als einziges Land als Demokratie aus den arabischen Aufständen 2011 hervorgegangen. Andererseits hat das Land aber ein ernstes Problem mit Radikalen: Tunesier stellen die größte Gruppe von ausländischen Kämpfern der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) außerhalb von Syrien und dem Irak. (AFP, dpa)

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