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Oskar Lafontaine 2014 im Landtagswahlkampf in Sachsen

© Peter Endig/picture alliance/dpa

Linkspartei: Oskar Lafontaine - der Ex-Chef wird zum Außenseiter

Antiamerikanismus, Verschwörungstheorien, Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge - der Ex-Linke-Chef Oskar Lafontaine provoziert. Seine Partei nimmt ihn kaum noch ernst.

Von Matthias Meisner

Es waren deutliche Worte gegen die USA - und gegen die deutsche Politik gleich mit. "Sie bombardieren seit vielen Jahren im Vorderen Orient", schrieb der Ex-Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, am Dienstag unter der Überschrift "Der große Bruder verarscht uns" auf seiner Facebook-Seite an die Adresse der Vereinigten Staaten. "Weit über eine Million Menschen verloren dabei ihr Leben. Wenn es aber darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen, dann pfeifen sie auf Humanität und Menschenrechte. Wäre die deutsche Politik nicht so unterwürfig, dann würde sie Dampfer mit Flüchtlingen aus Syrien in die USA schicken." Der Wortmeldung des saarländischen Linksfraktionschefs hinzugefügt war das Hashtag #fucktheusimperialism.

Seine Partei hat für solche Wortmeldungen ihres Ex-Vorsitzenden kein Verständnis mehr. "Nicht links", kommentierte die thüringische Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner auf Twitter - weder der Antiamerikanismus aus den bipolaren 80ern, noch die Vorstellung von Menschen als Faustpfand der Politik.

Die Berliner Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak schrieb auf Facebook: "Menschen verschicken? Menschen sind keine Verfügungsmasse, die man einfach so verschickt. Links heißt eigentlich, dass Menschen entscheiden können, wo sie leben wollen." Und: "Jaja, der böse Ami. Das kann Lafontaine gut. Ein wenig Differenzierung wäre prima."

Andere Genossen haben gar keine Lust mehr, Lafontaine-Äußerungen wie die jüngste zu kommentieren. "Er hat nicht mehr die Position und die Rolle in der Partei, dass man alles bewerten muss, was er sagt", lässt ein Bundestagsabgeordneter wissen: "Kein Zitat von mir in dieser Angelegenheit." Eine andere Abgeordnete erklärt, die Positionen des Saarländers würden von der Bundestagsfraktion nicht geteilt, sie seien weit entfernt von denen der anderen Landtagsfraktionen und der Partei. "Er entwertet seine Inhalte durch die Art der Vorwürfe. Es interessiert auch keinen mehr."

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Beifall holt sich Lafontaine noch von langjährigen Mitstreitern wie Albrecht Müller, früher Planungschef im Kanzleramt unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. "Oskar Lafontaine spricht aus, was in dieser Situation eigentlich Konsens in Berlin sein müsste. Quer über alle Parteigrenzen hinweg. Aber als Vasall der USA agiert unsere Regierung, und zwar Merkel und Gabriel, auf der vorgegebenen Linie", lobte Müller auf den "Nachdenkseiten".

Die Forderung, Flüchtlinge mit den Dampfer in die USA zu schicken, war nicht die einzige anti-amerikanische Äußerung Lafontaines. Im Februar etwa erklärte er: "Die USA sind ein Unrechtsstaat." Und, im selben Monat bei anderer Gelegenheit: "Dass die CIA manchem deutschen Journalisten die Feder führt, dürfte bekannt sein."

"Die rührende Story der Pfarrerstochter"

Vergangene Woche zeichnete der Ex-Vorsitzende von Partei und Bundestagsfraktion "Merkels wahres, unfreundliches Gesicht" und stellte die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in Zusammenhang mit angeblichen Lohndumping-Plänen. "Wenn sie schon den Mindestlohn nicht senken kann, dann macht sie es durch die Hintertür", erklärte Lafontaine. Es gehe Merkel bei bei ihrer Asylpolitik "um die Zuwanderung billiger Arbeitskräfte, um die Aufrechterhaltung und Ausweitung ungesicherter, schlecht bezahlter Arbeitsplätze und um die Beibehaltung eines ungerechten Steuersystems". Leider seien "viele nicht in der Lage, dieses Spiel zu durchschauen und fallen auf die rührende Story der Pfarrerstochter herein, die ihr christliches Herz für die Flüchtlinge entdeckt".

Die Aufzählung lässt sich fortführen. Anfang Januar hatte Lafontaine verlangt, Flüchtlinge sollten möglichst in den Nachbarländern Syriens untergebracht werden, um ihnen die "gefährliche Flucht über das Mittelmeer" zu ersparen. Im November schaltete er sich in die Debatte um Obergrenzen für Flüchtlinge ein. Er forderte, ähnlich wie die CSU, es sei "menschlicher", die Zahl der Schutzsuchenden "durch feste Kontingente in Europa zu begrenzen". Nachdem sich damals auch Lafontaines Ehefrau Sahra Wagenknecht als Vorsitzende der Bundestagsfraktion ähnlich geäußert hatte, fasste der Parteivorstand im Dezember einstimmig einen Beschluss: "Asyl ist ein Grundrecht und darf weder durch Obergrenzen noch durch Kontingente eingeschränkt werden", hieß es darin.

Aber muss die Linke sich tatsächlich nicht mehr für Lafontaine interessieren? Nimmt er nicht über seine Frau Einfluss auf den bundespolitischen Kurs der Partei? Im Januar hatte Sahra Wagenknecht mit Blick auf kriminelle Flüchtlinge erklärt: "Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht dann eben auch verwirkt" - ein umstrittener Satz, der auch von Lafontaine hätte stammen können. Gregor Gysi, Ex-Vorsitzender der Bundestagsfraktion, sagte damals über Wagenknecht und Lafontaine: "Die sind beide eine Einheit."

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