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Grüne Zone. Soldaten des kolumbianischen Militärs sollen die ehemals von Farc-Rebellen gehaltenen Gebiete sichern.

© Luis Jaime Acosta/Reuters

Lateinamerika: Nach dem Friedensschluss: Das Morden in Kolumbien geht weiter

Nach 50 Jahren voller Morde, Massaker und Entführungen hoffte Fabio Secqe auf etwas Ruhe in Kolumbien. Doch die Macht von Gewalt und Drogen ist ungebrochen. Unser Blendle-Tipp.

Sie nannten ihn El Caracho, er war Anfang dreißig und wollte einen Kaffee trinken gehen, es war gegen 19.30 Uhr. Eine Woche danach sind die Blutflecken noch immer zu sehen auf dem Asphalt vor der kleinen Bar im Zentrum von Corinto, einer Kleinstadt im Südwesten Kolumbiens. Éder Cuetia wurde auf der Straße erschossen, seine Mörder kamen mit dem Motorrad und waren ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie aus der Dunkelheit aufgetaucht waren. Masken sollen sie getragen haben. Genaueres weiß angeblich niemand.

Éder Cuetia ist nicht der erste junge Mann, der in den vergangenen Monaten in Corinto erschossen wurde. „Ungefähr einer pro Woche“, sagt Fabio Secqe. „Sie wollen uns einschüchtern. Sie wollen Angst säen.“ Der 36-jährige Secqe ist Chef des Kleinbauernverbands der Region mit 1300 Mitgliedern, der Ermordete war einer von seinen Leuten. Er gehörte zur Bauernwacht, die die Campesinos gegründet haben.

„Zur Selbstverteidigung“, sagt Secqe. Denn mit dem historischen Friedensschluss im vergangenen November, dem Waffenstillstand zwischen der kolumbianischen Regierung und der marxistischen Farc-Guerilla nach einem halben Jahrhundert voller Morde, Massaker, Entführungen und Vertreibungen, ist in der Region keine Ruhe eingekehrt. Im Gegenteil.

Seit dem Rückzug der Farc sind „neue bewaffnete Gruppen aufgetaucht“, sagt Secqe. „Rechte Paramilitärs, die die Macht übernehmen und den Drogenhandel managen wollen. Sie nennen sich Schwarze Adler. Der Staat tut gar nichts. Niemand beschützt uns.“

Secqe steht in Jeans und T-Shirt vor dem Sitz des Kleinbauernverbands von Corinto. Wie viele Menschen in der Region ist er indigener Herkunft, hat mandelförmige, wachsame Augen. An der Wand des Hauses prangt das Wappen der Campesinos. „Der Boden gehört allen“, steht da. Darüber haben die Bauern ein Transparent angebracht. Es wirbt für den Frieden in der Region. Eigentlich absurd, sagt Secqe, dass man dafür werben müsse. Aber so sei das.

„Sie wollen den Drogenhandel in der Region kontrollieren.“

Für das Land schien Ende November mit der Verabschiedung des Friedensvertrags eine neue Ära zu beginnen. Für seine Bemühungen verlieh man Kolumbiens Präsident Manuel Santos den Friedensnobelpreis. Aber jetzt, nur ein halbes Jahr später, wird der Frieden durch Gruppen bedroht, die es gar nicht mehr geben dürfte.

2006 wurden die kolumbianischen Paramilitärs offiziell aufgelöst. Sie waren in den Neunzigern von Großgrundbesitzern zur Verteidigung gegen die Farc-Guerilla gegründet worden. Nun zeigt sich, dass ihre Auflösung ein Bluff gewesen sein könnte. Denn kaum hat sich die Farc zurückgezogen, tauchen die Paramilitärs überall im Land wieder auf. Sie töten, erpressen, handeln mit Drogen und Gold. „Es ist, als ob die Paras nie verschwunden wären“, sagt Fabio Secqe. „Neo-Paramilitarismus“ nennen sie das hier.

Allein in diesem Jahr wurden in Kolumbien laut Vereinten Nationen 42 Aktivisten verschiedener sozialer Bewegungen mutmaßlich von Paramilitärs ermordet. Im Jahr 2016 zählten die UN 127 Morde. Es trifft Kleinbauern, Indigene, Gewerkschafter, Frauen. Meist standen sie wirtschaftlichen Interessen im Weg – neben Drogen und Gold geht es um Land.

Auffallend viele Opfer gibt es in zwei kolumbianischen Departements. In Chocó an der Pazifikküste und im benachbarten Cauca. Hier, im Norden Caucas, liegt die Gemeinde Corinto.

Der Mord an Éder Cuetia taucht in der Liste der UN nicht auf. Wer ihn erschossen hat, ist nicht klar. Für Fabio Secqe steht fest, dass es die Paramilitärs waren. „Wir sind ihnen ein Dorn im Auge. Sie wollen den Drogenhandel in der Region kontrollieren.“

Eine weite Ebene mit Zuckerrohrfeldern geht hier in die Anden über, an deren Hängen tausende Kleinbauern ihre Felder und Höfe haben. In einem friedlicheren Land wären wahrscheinlich tausende Touristen zum Wandern hier. Aber schon im Krieg zwischen Farc und Regierung war dies eine der am härtesten ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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