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Im UN-Flüchtlingslager Malakal im Südsudan versuchen zwei Mädchen, sich vor einem Sandsturm in Sicherheit zu bringen.

© Daniel Rosenthal

Lage in Ostafrika: Krieg, Flucht, Hunger

In Ostafrika kommt zu den zahlreichen Krisen noch die Dürre. In der Region um den Tschadsee ist die Lage dramatisch.

Bakhita Chalungo und Nahima Abdalla Tia haben sich erst in Kenia kennengelernt. Dabei haben die beiden Teenager aus dem Sudan den gleichen Weg hinter sich. Beide verloren 2011 bei einem Bombenangriff der sudanesischen Luftwaffe im Süden des Landes ihre Heimat – und ihre Familien. Ob Eltern, Geschwister und Verwandte noch leben oder getötet worden sind, wissen die beiden nicht. Der heute 20-jährige Chalungo hat sich damals allein auf den Weg gemacht in ein Flüchtlingslager im Südsudan. Auch die heute 17-jährige Mitschülerin versuchte in einem südsudanesischen Flüchtlingslager zu überleben.

Die Bedingungen waren schlecht, die Wasserversorgung sporadisch, die Sanitärversorgung nicht der Rede wert, und genug zu essen hatten sie auch oft nicht. Trotzdem war es in den Lagern besser als in den Nuba-Bergen. Doch 2013 begannen im Südsudan neue Kämpfe zwischen den politischen Rivalen Salva Kiir, dem Präsidenten, und Riek Machar, seinem ehemaligen Vize.

Seither ist der Südsudan nicht zur Ruhe gekommen. Nach den jüngsten Zahlen der Hilfswerke der Vereinten Nationen brauchen inzwischen 5,8 der knapp neun Millionen Südsudanesen Nahrungsmittelhilfe, um nicht zu verhungern. Sie erreichen aktuell allerdings nur 1,7 Millionen Menschen. Zwei Millionen sind intern vertrieben, weitere rund zwei Millionen Südsudanesen sind nach Uganda, Kenia oder in den Sudan geflüchtet.

Die beiden Teenager, die sich schließlich im Flüchtlingscamp Kakuma im Nordosten Kenias wieder fanden, mussten 2013 in den Unruhen ein zweites Mal flüchten. Sie kämpften sich durch den gesamten Südsudan. Der junge Mann, der gerade die höhere Schule abgeschlossen hat und nicht weiß, ob er eine Chance auf ein Studium haben wird, hatte große Angst, von Regierungssoldaten oder Milizionären der Opposition gefunden und rekrutiert zu werden. Also ging er nachts durch die Sümpfe und Wälder des Südsudan. Er lebte von Wurzeln und Blättern, mehr konnte er nicht finden.

Seiner Mitschülerin, die gerade ihr letztes Schuljahr begonnen hat, ging es nicht besser. Beide schütteln sich beim Gedanken an ihre zweite Flucht. In Kakuma sind zwar im Dezember die Lebensmittelrationen auch halbiert worden, weil den UN-Hilfswerken das Geld ausging. Aber zumindest gibt es ein bisschen Mehl und Öl.

Der gesamte Norden Kenias ist halbtrocken

Kakuma in der Provinz Turkana gehört allerdings zu den Gebieten im Norden Kenias, in denen seit mehreren Jahren Dürre herrscht. Der gesamte Norden Kenias ist halbtrocken. Doch nun sind mehrere Regenzeiten ausgefallen. Die Turkanas, die um das Flüchtlingscamp herum leben, sind schon immer arm gewesen. Nun finden sie für ihre Ziegen kaum noch grüne Blättchen, um sie zu ernähren – und auch kaum noch Wasser. Ein südsudanesischer Flüchtling, der seine gesamte Kindheit in Kakuma verbracht hat, berichtet, dass es immer wieder Phasen gab, in denen die Turkana die Flüchtlinge um etwas zu essen gebeten hätten. Aber nach der Halbierung der Essensrationen können sie gar nicht mehr teilen, wenn sie den Monat überleben wollen.

In Ostafrika – Somalia, Äthiopien, Nordkenia – treffen Konfliktlagen und große Flüchtlingskrisen mit der aktuellen Dürre zusammen. Die Menschen waren schon immer arm, die Krisen dauern teilweise seit Jahrzehnten an. Jede Dürre bringt hier automatisch Hunger mit sich. Im Südsudan und im Nordosten Nigerias sowie der angrenzenden Region rund um den schrumpfenden Tschadsee sind ebenfalls durch Bürgerkrieg wie im Südsudan oder durch den Terror der Boko-Haram-Miliz in Nigeria riesige Gebiete in eine schwerwiegende Hungerkrise abgestürzt.

Am Tschadsee sind gut zwei Millionen Menschen intern vertrieben, rund 7,1 Millionen Menschen sind akut vom Hunger bedroht, und eine gute halbe Million Menschen ist bereits so unterernährt, dass 80 000 von ihnen in den kommenden Wochen verhungern könnten, wenn nicht rechtzeitig Hilfe eintrifft.

Bei einer Geberkonferenz in Oslo vor wenigen Wochen haben Norwegen, Deutschland und andere Geberländer zwar 672 Millionen Dollar zur Linderung des Hungers in der Region zugesagt. Doch Chinma George, eine Klimaaktivistin aus Nigeria, berichtete in dieser Woche in Berlin, dass bisher lediglich 200 Millionen gezahlt seien.

Die Autorin war auf Einladung der Aktion Deutschland Hilft in Kakuma.

Die Spendenaktion des Tagesspiegels „Menschen helfen!“ reagiert auf die Katastrophe – gemeinsam mit der Deutschen Welthungerhilfe sammeln wir für Menschen in besonders betroffenen Ländern: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, IBAN: DE43 1005 0000 0250 0309 42, BIC: BELADEBE.

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