zum Hauptinhalt
"Die Rente ist sicher": Der Wahlkampfslogan des früheren Sozialministers Norbert Blüm (CDU).

©  Peter Popp/picture alliance / dpa

Konzepte zur Alterssicherung: Welche Partei rettet die Rente?

An diesem Mittwoch legt der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, sein mit Spannung erwartetes Rentenkonzept vor. Grüne und Linkspartei haben sich bereits festgelegt. Nur die Union sperrt sich noch.

Ob die Parteien wollen oder nicht: Die Rente wird zu einem wichtigen Thema im Bundestagswahlkampf. Wie die Alterssicherung auf Dauer bezahlt werden kann, ist eine der großen Zukunftsfragen. Und nebenbei geht es um jede Menge Wählerstimmen: Aktuell leben etwa 21 Millionen Rentner in Deutschland – eine Klientel, um die nicht nur die Volksparteien buhlen.

SPD-Kandidat Martin Schulz will an diesem Mittwochmittag mit Arbeitsministerin Andrea Nahles in der Parteizentrale das Rentenprogramm der SPD vorstellen. CDU und CSU zurren ihr gemeinsames Wahlkonzept Anfang Juli fest. Welche Rolle Rentenversprechen darin spielen, ist noch offen. Die Ideen von Linken und Grünen für die Zukunft der Rente liegen bereits vor, die der CSU auch. Ein Überblick.

Die Lage der Rentenversicherung

Die gesetzliche Rente wird in Deutschland über das Umlagesystem finanziert. Bedeutet: Die arbeitende Bevölkerung kommt mit ihren Beiträgen für die Renten der älteren Generation auf. Dazu kommen Bundeszuschüsse aus Steuern, die inzwischen bei knapp 90 Milliarden Euro liegen. Der demografische Wandel führt aber dazu, dass immer weniger Berufstätige für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Die gesetzliche Rentenversicherung wird dies vor allem in den Jahren 2020 bis 2030 zu spüren bekommen: Dann geht die Generation der Babyboomer in Rente. Mit der Rentenreform 2001 hat die Politik deshalb beschlossen, die Finanzierungslast zwischen den Generationen neu auszutarieren. Das führte dazu, dass das gesetzliche Rentenniveau langfristig sinkt. Um diese Lücke auszugleichen, sollen Arbeitnehmer stärker privat vorsorgen.

Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent, bis 2030 sinkt es laut Rentenversicherungsbericht auf 44,5 Prozent. Über die Höhe der einzelnen Rente sagt dieses Niveau nicht viel. Es bezeichnet nur das Verhältnis des aktuellen Durchschnittseinkommens zu der Rente, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Arbeitsjahren erhält. Bei der Debatte geht es also eher um die Sorge vor sozialem Abstieg und die Akzeptanz des Systems. Absolut besehen werden die Renten trotz sinkenden Niveaus steigen: Dem Rentenbericht zufolge legen sie bis 2030 im Schnitt pro Jahr um 2,1 Prozent zu. Für die Arbeitnehmer liegt der Beitragssatz aktuell bei 18,7 Prozent. Bis 2030 steigt er den Prognosen zufolge auf 21,8 Prozent.

Konzepte für eine verlässliche Rente

Mit der Rentenreform 2001 wurde festgelegt, dass das Rentenniveau bis 2030 nicht unter 43 Prozent sinken soll. Für die Zeit danach gibt es noch keine Verabredung. Im Grundsatz ist man sich aber einig, dass es auch für die Zeit danach Leitplanken braucht. Strittig ist nur deren Höhe – und ob es schon vorher irgendwelcher Korrekturen bedarf. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat im vergangenen November ein eigenes Rentenkonzept mit „doppelter Haltelinie“ vorgelegt. Es sieht vor, dauerhaft ein Niveau von mindestens 46 Prozent zu garantieren. Im Gegenzug soll der Beitragssatz gedeckelt werden, um auch die Arbeitnehmer nicht zu überfordern – bei 22 Prozent bis 2030 und bei maximal 25 Prozent bis 2045. Um ein solches Versorgungsniveau finanzieren zu können, will Nahles ab 2030 einen Demografiezuschuss aus Steuern einführen.

Ob die SPD in ihrem Wahlprogramm über dieses Konzept hinausgehen wird, ist noch unklar. Unterstützung erhalten die Sozialdemokraten grundsätzlich von den Grünen, die ebenfalls eine Stabilisierung des Niveaus fordern. CDU und CSU dagegen legen sich bisher nicht auf konkrete Zahlen fest. Im Wahlkampf, so ihr Argument, würden sie dabei von den anderen sonst ohnehin bloß überboten. Stattdessen bringen sie eine Expertenkommission ins Gespräch, die nach der Wahl Vorschläge für ein langfristig angemessenes Niveau machen soll. Die Linke hat diesbezüglich weniger Hemmungen. Sie fordert die Rückkehr zu einem „lebensstandardsichernden Rentenniveau“ von 53 Prozent.

Armut im Alter

Momentan ist das Problem der Altersarmut gering, lediglich drei Prozent der über 65-Jährigen sind auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. Eine geringe Rente bedeutet auch nicht per se Altersarmut, viele Haushalte haben schließlich zusätzliche Einnahmequellen. Gefährdet sind aber Erwerbsgeminderte, Menschen mit unsteter Erwerbsbiografie, kleine Selbstständige mit unregelmäßigem Einkommen, Teilzeitarbeitende und alle anderen Geringverdiener. Die Prognosen für sie klingen nicht gut. Rein rechnerisch wäre ein Stundenlohn von 11,85 Euro nötig, um im Alter über die Grundsicherung zu kommen – und das über 45 Jahre. Der Mindestlohn liegt derzeit aber nur bei 8,84 Euro.

Die Debatte um Mindestrenten

In ihrem Rentenkonzept vom November schlägt Nahles eine „Solidarrente“ vor: Geringverdiener, die lange gearbeitet haben, sollen im Alter auf Bezüge kommen, die um zehn Prozent über der Grundsicherung liegen. Voraussetzung dafür wären laut Nahles 35 Beitragsjahre. Darüber hinaus gehen die Grünen mit ihrer steuerfinanzierten „Garantierente“, die es schon nach 30 Versicherungsjahren geben soll. Bei der Linken spielen Versicherungszeiten keine Rolle. Ihre „solidarische Mindestrente“ verspricht jedem und jeder, egal ob sie gearbeitet und eingezahlt haben, im Alter 1050 Euro im Monat.

Ob und wie sich die Union hier positioniert, ist offen. Klar ist aber: Wer etwas gegen Altersarmut tun will, muss sich vor allem um den wachsenden Anteil der (kleinen) Selbstständigen kümmern, die zu wenig fürs Alter vorsorgen. Nahles fordert daher ebenso wie Grüne und Linke, diesen Personenkreis in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Zudem sieht Nahles’ Konzept vor, für Selbständige den Mindestbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung abzusenken, damit diese von den Sozialversicherungsbeiträgen insgesamt nicht überfordert werden.

Das Rentenpaket der großen Koalition

Im Kampf gegen drohende Altersarmut hat das milliardenschwere Rentenpaket der Koalition wenig gebracht. Zwar werden beide Großprojekte der Koalition – Mütterrente und Rente mit 63 – bis 2030 nach Regierungsschätzungen stolze 160 Milliarden Euro verschlingen. Doch bedient haben Schwarz und Rot damit nur ihre jeweils eigene Klientel. Mit 63 ohne Abschlag in die Rente kommen vor allem gutbetuchte Facharbeiter mit störungsfreier Erwerbsbiografie, die SPD hat sich damit bei den Gewerkschaften wieder lieb Kind gemacht.

Die Union wiederum punktete mit ihrer Mütterrente bei Frauenverbänden und Familientraditionalisten. Dass wirklich Bedürftige davon nichts haben, da ihnen der Aufschlag fürs Erziehen im Alter von anderen Sozialleistungen abgezogen wird, war den Befürwortern egal. Die Christsozialen wollen die Mütterrente per Gießkanne nun sogar noch mal erhöhen. Der Sozialflügel der Union stemmt sich allerdings dagegen.

Die meisten, die in den Genuss dieser Leistung kämen, hätten kein Problem mit Altersarmut, sagt CDA-Chef Karl-Josef Laumann. Und das Geld fehle dann bei denen, die es benötigten. „Wenn wir wirklich was für arme Rentnerinnen tun wollen, dürfen wir die Mütterrente nicht länger auf die Grundsicherung im Alter anrechnen.“

Riesterrente am Ende?

Trotz aller Kritik an der Riesterrente: Bis auf die Linke, die eine garantierte Rundumversorgung fürs Alter verlangt, finden sie alle anderen Parteien unverzichtbar. Auch die CSU hat hier wieder eine Kehrwendung hingelegt. Eine beitragsfinanzierte Rente allein reiche nun mal nicht zur Sicherung des Lebensstandards. Allerdings müsse die Attraktivität der zusätzlichen Vorsorge grade für untere Einkommensgruppen erhöht werden. Ein erster Schritt dazu wurde vergangene Woche unternommen: Der Bundestag beschloss, die Grundförderung für Riestersparer von 154 auf 175 Euro zu erhöhen. Und bei Menschen, die im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind, sollen aus dieser Vorsorge und auch aus Betriebsrenten nun pro Monat bis zu 200 Euro nicht mehr angerechnet werden.

Ob die Nachbesserung reicht, ist die Frage. Nach neuen Zahlen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ruht bereits jeder fünfte der rund 16,5 Millionen Riesterverträge, die Sparer zahlen nicht mehr ein. Linken-Politikerin Sabine Zimmermann führt das darauf zurück, dass solche Zusatzvorsorge viele trotz Förderung überfordere. Insbesondere Geringverdiener bräuchten jeden Euro fürs tägliche Überleben.

Zur Startseite