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Menschen passieren in Barcelona eine Mauer mit dem Schriftzug "Freiheit für Katalonien".

© dpa

Katalonien: Regionalparlament könnte am Donnerstag Unabhängigkeit erklären

Am Donnerstag will das katalonische Regionalparlament über die von Madrid angekündigten Zwangsmaßnahmen beraten. Dabei könnte es auch seine Unabhängigkeit erklären.

Der Konflikt zwischen der spanischen Zentralregierung und den Unabhängigkeitsbefürwortern in Katalonien steuert diese Woche in die entscheidende Phase. Die für Unabhängigkeit eintretenden katalanischen Parteien schlugen am Montag vor, das Regionalparlament solle am Donnerstag zusammentreten und über die von Madrid angekündigten Zwangsmaßnahmen beraten. Es wird damit gerechnet, dass der spanische Senat diese Maßnahmen am Freitag in Kraft setzt.

Der Sprecher der in Katalonien regierenden Koalition Junts pel Sí, Lluís Corominas, teilte mit, die Parlamentssitzung könnte bis Freitag dauern. Falls an diesem Tag der spanische Senat auf Antrag der Zentralregierung der Entmachtung der Regionalregierung in Barcelona zustimmt, ist die Verabschiedung einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung durch das katalanische Parlament nicht ausgeschlossen.

Corominas bezeichnete das Vorgehen der spanischen Regierung als einen "beispiellosen Fall von institutioneller Gewalt". Er rief zur "friedlichen und demokratischen Verteidigung der Einrichtungen in Katalonien" auf.

Die katalanische Linkspartei Candidatura d'Unitat Popular (Kandidatur der Volkseinheit, CUP) sprach sich dafür aus, "so schnell wie möglich" eine unabhängige Republik Katalonien auszurufen - gestützt auf das vom spanischen Verfassungsgericht verbotene Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober.

Sie kündigte zugleich für den Fall des Inkrafttretens der von Madrid angekündigten Zwangsmaßnahmen eine "massive Kampagne des zivilen Ungehorsams" an. Den Vorstoß der Zentralregierung zur Aktivierung des Artikels 155 der spanischen Verfassung bezeichnete die Linkspartei in einer Erklärung als "größte Aggression" gegen Katalonien seit der Diktatur von Francisco Franco zwischen 1939 und 1975.

Gemäß Artikel 155 will die Zentralregierung die Regionalregierung ihres Amtes entheben sowie binnen sechs Monaten Neuwahlen ansetzen. Außerdem will Madrid die Kontrolle über die Mossos d'Esquadra - die katalanische Polizei - sowie über die Verwaltung und die öffentlichen Medien der halbautonomen Region übernehmen.

Studentenvereinigungen riefen für Dienstag zu Streiks in Barcelona auf

Unter Franco war neben anderen repressiven Maßnahmen die katalanische Regierung abgeschafft und der Gebrauch der katalanischen Sprache in der Öffentlichkeit verboten worden.

Die CUP ist nicht an der Regionalregierung beteiligt, der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont ist zur Mehrheitsfindung aber auf ihre Unterstützung angewiesen. Seine Koalition verfügt im Parlament in Barcelona mit seinen 135 Sitzen über 62 Abgeordnete, die CUP über zehn.

Die Bildungsgewerkschaft Ustec kündigte bereits Widerstand gegen die Zwangsmaßnahmen aus Madrid an. Mehrere Studentenvereinigungen riefen für Dienstag zu Streiks in Barcelona auf.

Die der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) angeschlossenen Feuerwehrleute erklärten: "Wir anerkennen keine andere Autorität als unseren Präsidenten, unsere Regierung und unser Parlament". Ein Vertreter der Feuerwehrleute, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Falls wir aufgefordert werden, eine von Demonstranten blockierte Straße freizumachen, werden wir es wahrscheinlich nicht tun."

Das katalanische Parlament hatte bislang eine Abstimmung über die Unabhängigkeit hinausgeschoben, um einen Dialog mit der Regierung in Madrid zu ermöglichen. Diese hatte am Samstag mangels Einlenkens der Regierung in Barcelona die Aktivierung des Verfassungsartikels 155 beschlossen.

Die spanische Vize-Regierungschefin Soraya Saénz de Santamaría sagte im Radiosender Ondo Cero, nach der Aussetzung der katalanischen Autonomie durch den Senat werde Puigdemont am Samstag über keinerlei Macht mehr verfügen. Auch über sein Gehalt werde er nicht mehr verfügen. Wenn er es wünsche, könne er sich vor dem Senat äußern, der ab Dienstag tagt.

Der Chefsprecher der EU-Kommission, Margaritis Schinas, stellte sich hinter Madrid. Die im Artikel 155 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen seien Teil der "verfassungsmäßigen und rechtlichen Ordnung" Spaniens, sagte er vor der Presse. (AFP)

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