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Der Richter Jens Maier im Landgericht in Dresden.

© Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

Jens Maier, AfD-Mitglied und Richter: Richter muss man aushalten - dieser ging zu weit

Richter dürfen politisch sein - vielleicht sollten sie das sogar. Doch der Richter am Landgericht Dresden hat mit dem Auftritt neben Björn Höcke seine Glaubwürdigkeit verspielt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ronja Ringelstein

Kurz vor der umstrittenen Ansprache des Thüringer AfD-Fraktionschefs Björn Höcke in Dresden trat ein anderer Redner auf, um wie Höcke und ähnlich wie dieser über den Umgang der Deutschen mit ihrer Holocaust-Vergangenheit zu sprechen. Jens Maier erklärte den "Schuldkult der Deutschen" nach dem Zweiten Weltkrieg für "endgültig beendet“ und forderte, der angeblichen „Umerziehung“ müsse deutscher Patriotismus gegenübergestellt werden.

Auch Maier ist AfD-Mitglied – und Richter am Landgericht Dresden. Darf ein Richter so reden? Das Landgericht gab bekannt, den Fall dienstlich prüfen zu wollen. Maier könnte das Mäßigungsgebot verletzt haben. Ein Richter darf weder im Amt noch außerhalb das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden.

Natürlich kann ein Richter Parteimitglied und politisch sein. Vielleicht sollte er das sogar. Richter haben in der Gesellschaft eine besondere Stellung. Sie thronen im Gerichtsaal gewissermaßen über dem Geschehen. Sie müssen einen Ausgleich suchen oder über Recht und Unrecht entscheiden. Gerade ein Richter könnte damit jemand sein, dessen politisches Engagement zu wünschen wäre, wo doch das Abwägen zu seinem Beruf gehört und er das Gesetz kennt.

Alle Richter haben den Eid auf die Verfassung geschworen

Nun aber ist Maier in der rechter werdenden AfD, er lobt Höcke als Hoffnung und zeigt sogar Verständnis für den Nationalismus von NPD-Wählern. Muss hier ein anderer Maßstab angelegt werden? Auch Richter genießen das Grundrecht der Meinungsfreiheit, und wenn seine politische Vorlieben andere sind, muss das ausgehalten werden. Die rechtlichen Vorgaben für politisches Engagement von Richtern sind in Deutschland relativ unkonkret. Allerdings haben alle Richter den Eid auf die Verfassung geschworen – und damit auf die Demokratie. Sie haben sich zur Unantastbarkeit der Menschenwürde, zu Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz bekannt.

Richter genießen Meinungsfreiheit auch nicht als Amtsträger, sondern nur als Staatsbürger. Im Amt haben sie ihre Aufgaben „politisch neutral als Diener des Rechts wahrzunehmen“, wie das Bundesverfassungsgericht 1983 klargestellt hat. Menschen vertrauen darauf, dass ihr Recht, das ihr Schicksal sein kann, in den Händen besonnener Richter liegt.

Dieses Vertrauen ist erschüttert, wenn Richter sich am politischen Machtkampf in einer Weise beteiligen, dass sich eine klare Trennlinie zu ihrem Amt nicht mehr ziehen lässt. Vergangenes Jahr hatte Maier einen Wissenschaftler in einem absurden Eilbeschluss kritische Aussagen zur NPD untersagt, nächsten Monat wird der Fall in der Hauptsache verhandelt. Sollte Maier, der auch Direktkandidat für die Bundestagswahl ist, dann noch im Amt sein, wird er sich wieder mit der NPD befassen. Doch seine Glaubwürdigkeit als Richter ist jetzt beschädigt, ganz gleich, wie er urteilen wird. Rechtlich mag sein politisches Wirken möglich sein – hilfreich ist es nicht.

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