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Oft nicht mehr bezahlbar: Die Mietpreisentwicklung in den Städten ist ein soziales Problem.

© Stephanie Pilick/dpa

Jamaika-Sondierungen: Das sind die FDP-Pläne in der Sozialpolitik

Billigeres Bauen, flexibles Rentenalter und keinesfalls eine Bürgerversicherung: Wie sich die FDP fürs Soziale sortiert

Runter von der erfolglosen Mietpreisbremse: Mit dieser Forderung dürfte sich die FDP bei den Sondierungsgesprächen nicht nur an den Grünen reiben, die statt einer Abschaffung des Regelwerks von 2015 dessen Verschärfung verlangen.

Infolge des AfD-Schocks bei der Bundestagswahl haben nun auch CDU und CSU das dringende Bedürfnis, den explodierenden Preisen fürs Wohnen in Ballungszentren stärker entgegenzuwirken. Die Themen Rente und Pflege erleben in den Absichtsbekundungen von Union und Grünen ebenfalls eine neue Renaissance. Und viele fürchten, dass sich die wiedererstarkten Liberalen auf diesen Feldern als Blockierer betätigen.

Dabei ignorieren sie bei der FDP die sozialen Probleme keineswegs. „Der Gesetzgeber muss dringend was gegen die steigenden Wohnkosten in den Innenstädten unternehmen“, drängt beispielsweise deren stellvertretende Parteivorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Mieterschutzgesetze funktionierten zwar, sagt sie. Doch für Menschen, die neu zuzögen oder Familien, die mehr Platz benötigten, sei es vielerorts kaum noch möglich, bezahlbare Unterkunft zu finden. Und alte Menschen seien gezwungen, in viel zu groß gewordenen Wohnungen zu bleiben, weil bei Neuvermietungen zwei Zimmer inzwischen oft mehr kosteten als die bisherige Vier-Zimmer-Wohnung.

Investitionsanreize first, Preisdämpfung second

Allerdings ist die Rezeptur der Liberalen mit ihrem Chef Christian Lindner gegen die Malaise auf dem Wohnungsmarkt eine deutlich andere als etwa die der Grünen. Mietpreisbremsen wirken aus ihrer Sicht kontraproduktiv – weil dadurch Investitionen in mehr Wohnraum verhindert würden. Statt die Renditen von Wohnungsbauern künstlich zu schmälern, müsse man mehr Investitionsanreize schaffen, meint Strack-Zimmermann. Erst unter dieser Voraussetzung könne die Politik dann daran gehen, ein ausgewogenes Angebot in allen Preissegmenten sicher zustellen.

Als langjährige Erste Bürgermeisterin und Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Düsseldorf hat Strack-Zimmermann dafür ein spezielles „Handlungskonzept“ entwickelt, das sie sich auch für andere Städte vorstellen kann. „Ich würde mich freuen, wenn es zum Exportschlager würde“, sagt die Sozialpolitikerin.

"Nicht jede Wohnung muss hundert Jahre halten"

Konkret enthält es die Vorgabe, dass beim Bau von mehr als 80 Wohneinheiten jede fünfte eine Sozialwohnung und weitere 20 Prozent „preisgedämpfte“ Wohnungen sein müssen. In Düsseldorf bedeutet das, dass dafür nicht mehr als zehn Euro pro Quadratmeter verlangt werden dürfen. Insgesamt sind dort folglich bei größeren Bauprojekten vier von zehn Neubauwohnungen preislimitiert.

Bei den Bodenpreisen könne man wenig machen, meint Strack-Zimmermann. Ein wichtiger Ansatzpunkt für günstigere Mieten sei aber die Art und Weise, wie gebaut werde. „Die Energieeinsparverordnung macht das Wohnen unglaublich teuer“, sagt die FDP-Politikerin. Wenn man die Umweltauflagen für Neubauten in den Städten verringere, könne man viel Druck aus dem Wohnungsmarkt nehmen.

Zudem könne es helfen, einfacher zu bauen. „Wir müssen in Deutschland wegkommen von der Vorstellung, dass jede Wohnung hundert Jahre halten muss.“

Rentner sollen weiter arbeiten dürfen

Mit Blick auf die hohe Belastung vieler durch die Mieten müsse die nächste Regierung aber auch dringend darauf achten, dass die Sozialbeiträge nicht durch die Decke gingen, mahnt Strack- Zimmermann. Es gelte Kostendämpfung zu betreiben. notfalls auch stärkere Steuerfinanzierung beziehungsweise sinnvollere Verteilung vorhandener Steuermittel in Erwägung zu ziehen. „Wenn die Leute nicht genug zum Leben haben, können sie auch nichts fürs Alter zurücklegen“, sagt sie.

Bei der Rente dringt die Sozialpolitikerin auf „Baukastensysteme“, ein flexibles Rentenalter und Zuverdienstmöglichkeiten ohne Grenze nach oben. „Wir brauchen keine Kommission, die uns die nächsten vier Jahre lang längst bekannte Probleme erklärt“, sagt Strack-Zimmermann in Richtung Union.

Bürgerversicherung kommt für die FDP nicht infrage

Die Probleme in der Kranken- und Altenpflege hofft sie durch gesetzlich vorgegebene Personalschlüssel in den Griff zu bekommen. Hier könnten alle Partner einen Haken setzen. Und eine Bürgerversicherung, das Herzensanliegen der Grünen? Das, sagt die FDP-Politikerin, sei eine der wenigen roten Linien, die ihre Partei in der Sozialpolitik ziehe. „Mit uns nicht zu machen.“

Ansonsten hofft Strack-Zimmermann fürs Soziale auf die Segnungen eines Einwanderungsgesetzes. Durch Anwerbung und gezielten Zuzug von Arbeitskräften lasse sich nicht nur der Fachkräftemangel im Land beheben. Man erreiche dadurch auch, dass wieder mehr junge Menschen in die Sozialkassen einzahlten. Nur so könne das bestehende Solidarsystem in einer alternden Gesellschaft weiter funktionieren.

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