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Aufnahmen des iranischen Staatsfernsehens: Menschenmengen bei einer regierungsfreundlichen Kundgebung

© AFP/Irinn/Ho

Update

Islamische Republik: Zehntausende Iraner demonstrieren für das Regime

Das iranische Staatsfernsehen zeigt Bilder von Kundgebungen für die Regierung. Im Ausland wächst die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts. Die USA wollen eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats.

Angesichts der Proteste im Iran fordern die USA eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. „Die UN müssen ihre Meinung sagen“, erklärte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley in New York. Sowohl im Sicherheitsrat als auch im UN-Menschenrechtsrat in Genf müssten die Festnahmen und Toten im Zusammenhang mit den Protesten im Iran thematisiert werden.

Nach tagelangen und immer noch andauernden regimekritischen Protesten im Iran hat die islamische Führung des Landes nun selbst landesweit Kundgebungen organisiert. Nach Angaben des Staatsfernsehens Irib gingen Hunderttausende auf die Straße, um ihre Unterstützung für das System zu demonstrieren.

Irib zeigte Live-Bilder von Kundgebungen in mehreren iranischen Städten. In allen Kundgebungen gab es Rufe wie: „Nieder mit den USA“, „Nieder mit Saudi-Arabien“ und „Nieder mit Israel“. Diese drei Länder sind nach Auffassung der iranischen Führung die Anstifter der Protestwelle im Land und unterstützen demnach die Demonstranten mit Geld und auch mit Waffen.

Die Proteste gingen nach Berichten in sozialen Medien auch in der Nacht zum Mittwoch in der Hauptstadt Teheran und anderen Städten weiter. Die Berichte und Videos lassen sich nicht unabhängig verifizieren. Die staatlichen Medien haben diese Proteste noch nicht bestätigt und behaupten, dass es besonders in Teheran ruhig gewesen sei. In der Provinz Albors westlich von Teheran gilt seit Mittwoch ein Versammlungsverbot.

Sarah Sanders, die Sprecherin des US-Präsidenten, sagte im Weißen Haus in Washington, die internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn es im Iran Gewalt gegen Demonstranten gebe.
Sarah Sanders, die Sprecherin des US-Präsidenten, sagte im Weißen Haus in Washington, die internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn es im Iran Gewalt gegen Demonstranten gebe.

© imago/UPI Photo

Die USA erneuerten indes ihre Kritik an der Führung des Irans. Die internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn Demonstranten mit Gewalt begegnet werde, sagte die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Sanders. Bei den Protesten handele es sich um einen „organischen Volksaufstand, organisiert von tapferen iranischen Bürgern“. Sanders vermied eine klare Antwort auf die Nachfrage, ob das Weiße Haus einen Regimewechsel in Teheran anstrebe. Der Iran müsse aufhören, Terrorismus staatlich zu unterstützen.

EU-Außenbeauftragte ruft zum Gewaltverzicht auf

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief die Führung in Teheran dazu auf, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren. „Die Europäische Union verfolgt aufmerksam die anhaltenden Demonstrationen im Iran, die zunehmende Gewalt und den inakzeptablen Verlust von Menschenleben“, sagte Mogherini am Dienstagabend. Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit seien grundlegende Rechte, die ausnahmslos in jedem Land zu gewährleisten seien. Zudem forderte sie alle Beteiligten zum Gewaltverzicht auf.

Gabriel telefoniert mit iranischem Amtskollegen

Die Bundesregierung forderte die Regierung in Teheran zur Achtung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit auf. "Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklungen im Iran mit Besorgnis, insbesondere die Berichte über Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. Die iranische Regierung sollte auf die Proteste "mit der Bereitschaft zum Dialog" reagieren.

Aus Sicht der Bundesregierung sei es "legitim, wenn Menschen ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen couragiert in die Öffentlichkeit tragen, wie dies derzeit im Iran geschieht", fügte Demmer hinzu. Sollten einzelne Demonstranten die Proteste zu Gewalttaten missbrauchen, müsse der iranische Staat darauf verhältnismäßig und mit rechtsstaatlichen Mitteln reagieren.

Der geschäftsführende Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte nach Angaben eines Sprechers in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif am Dienstagabend, dass die Sicherheitskräfte keine Gewalt gegen Demonstranten anwenden.

Der oberste iranische Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hatte ausländische Kräfte am Dienstag beschuldigt, für die Eskalation der Proteste im Iran verantwortlich zu sein. „Die Feinde des Irans haben in den letzten Tagen den Unruhestiftern Geld und Waffen sowie politische Unterstützung zur Verfügung gestellt, um dem Iran zu schaden“, sagte Chamenei in einer ersten Reaktion auf die Proteste, bei denen seit Donnerstag mindestens 19 Menschen getötet wurden.

Allein in der Hauptstadt Teheran wurden laut iranischer Nachrichtenagentur Ilna in den vergangenen drei Tagen 450 Demonstranten festgenommen. Landesweit sollen es mehr als 1000 sein.

Präsident Ruhani: Menschen fordern auch mehr Freiheiten

Im Iran finden seit Tagen Demonstrationen gegen die Führung des Landes und den islamischen Klerus statt. Obwohl die iranischen Behörden behaupten, dass es zuletzt landesweit weniger regimekritische Proteste gegeben habe, gab es am Dienstagabend in sozialen Netzwerken Berichte über erneute Unruhen.

Die Proteste hatten am vergangenen Donnerstag in Maschad im Nordosten des Landes begonnen. Sie hatten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung gerichtet, wurden aber zunehmend systemkritisch. Anders als Ajatollah Chamenei hatte Präsident Ruhani am Montag bei einer Krisensitzung im Parlament gesagt, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. „Die Probleme der Menschen sind auch nicht nur wirtschaftlicher Natur, sie fordern auch mehr Freiheiten.“ Er kritisierte damit indirekt die Hardliner im Klerus, die seine Reformen blockieren.

Der iranische Generalstaatsanwalt Mohamed Dschafar Montaseri warnte Demonstranten am Dienstag scharf. „Es ist Schluss mit lustig“, sagte Montaseri nach Medienangaben. Justiz und Polizei würden konsequent gegen „Krawallmacher“ vorgehen. Der Geheimdienst erklärte, einige Unruhestifter seien verhaftet und weitere identifiziert worden. Weitere seien „im Visier“ der Ermittler. (dpa/AFP)

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