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Gefährlich merkwürdig. Viele Iraner sehen in Donald Trump einen großspurigen Cowboy, der ungerechtfertigte Vorwürfe gegen die Islamische Republik erhebt.

© AFP

Iran-Abkommen: Wie Trump die USA isoliert

Der US-Präsident torpediert mit aller Kraft das Atomabkommen mit dem Iran. Doch gegen seinen Konfrontationskurs formiert sich eine breite Front.

In Manhattan gingen am Samstag mehr als hundert Psychologen mit Trommeln und Transparenten auf die Straße, um ihre Landsleute zu warnen. Präsident Donald Trump, so die Demonstranten, sei ein gefährlicher Narziss. Die Kundgebungsteilnehmer forderten, Trump müsse abgesetzt werden, bevor er einen Atomkrieg auslöse.

Dass sich der 45. Präsident der Vereinigten Staaten bisweilen merkwürdig verhält, würden auch manche Staats- und Regierungschefs in Europa unterschreiben. Derzeit erleben sie, wie Trump das internationale Atomabkommen mit dem Iran ohne Not ins Wanken bringt. Dagegen formiert nun sich eine breite Front, die von Teheran über Moskau bis nach Paris reicht.

Trump selbst scheint das nicht wahrzunehmen. Er habe viel Zuspruch für seine Iran-Strategie erhalten, schrieb er auf Twitter. Seine Linie sieht vor, dass der US-Kongress und die europäischen Verbündeten der USA neue Sanktionsdrohungen gegen den Iran formulieren, damit dieser sein Raketenprogramm einstellt und dauerhaft – und über die in der Atomvereinbarung vorgesehenen Fristen hinaus – bei Urananreicherung und in anderen Bereichen  Zurückhaltung übt. Geschieht das nicht, will Trump die USA aus dem Vertrag zurückziehen und das Abkommen damit zerbrechen lassen.

Israel und die arabischen Golf-Staaten bejubeln Trumps Haltung, doch bei den Europäern sieht es anders aus. Sie wollen beim Atomvertrag bleiben, notfalls ohne die USA. Der Präsident vermutet wirtschaftliche Motive hinter der Haltung seiner Partner in der alten Welt: „Teilnehmer des Deals verdienen viel Geld mit Handel mit dem Iran“, twitterte er, ganz so, als gehörten die USA schon nicht mehr dazu.

Trumps Außenpolitik ergibt ein stimmiges Bild

Trump sehe die Europäer als Trittbrettfahrer, die dringend einmal an die überragende Macht der USA erinnert werden müssten, hieß es in der „Washington Post“. Im Gegenzug sehen die Europäer beim Mann im Weißen Haus isolationistische Tendenzen.

Nach Meinung von Trump-Kritikern innerhalb und außerhalb Amerikas ergibt seine Iran-Politik zusammen mit dem Ausstieg aus dem Klimavertrag von Paris und aus der UN-Kulturorganisation Unesco ein stimmiges Bild. „Unter Trump ziehen wir uns als weltweite Führungsmacht zurück“, bilanzierte Nicholas Burns, ein früherer Staatssekretär im US-Außenamt.

Mit dieser Haltung, mit der er bei seiner rechten Basis ein Wahlversprechen einlöst, schafft Trump eine Trennungslinie zwischen den USA auf der einen und den westeuropäischen Partnern sowie Russland, China und dem Iran auf der anderen Seite. Alle übrigen am Iran-Vertrag beteiligten Mächte wollen trotz der neuen Politik in Washington bei der Vereinbarung bleiben.

Damit handele Trump gegen sein erklärtes Ziel, den Druck auf Teheran zu erhöhen, sagt Karim Sadjadour von der Denkfabrik Carnegie Endowment: Der Iran sei immer dann zu Zugeständnissen bereit, wenn er einer geeinten internationalen Gemeinschaft gegenüberstehe und selbst im Inneren gespalten sei. Trump habe es geschafft, die internationale Gemeinschaft zu spalten und den Iran im Innern zu einen.

Bewährungsprobe für transatlantische Beziehungen

Auch Amerika selbst ist gespalten. Im Kongress braucht Trumps Forderung nach neuen Sanktionsmechanismen eine Mehrheit von mindestens 60 Stimmen im Senat, um Wirklichkeit zu werden. Selbst wenn er seine eigene republikanische Partei geschlossen hinter sich bringen könnte, hätte der Präsident nur 52 Stimmen für seinen Plan beisammen. Den Rest müsste er sich bei den oppositionellen Demokraten holen, die bisher zum Iran-Vertrag stehen.

Bis zum 14. Dezember hat der Kongress laut US-Gesetzen Zeit, das neue Sanktionsprogramm zu beschließen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist dies für das Trump-Lager eine schwierige Aufgabe, auch wenn republikanische Senatoren bereits an einem Gesetzentwurf arbeiten, der bis Ende Oktober auf dem Tisch liegen soll.

Kommt bis Mitte Dezember kein neues Iran-Gesetz zustande, will Trump das Atomabkommen platzen lassen. Die kommenden Monate könnten zu einer Bewährungsprobe für die transatlantischen Beziehungen werden.

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