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Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (l.), stellt zusammen mit Joschka Fischer in Berlin sein Buch "Hoffnungsland - Eine neue deutsche Wirklichkeit" vor.

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"Hoffnungsland": Olaf Scholz denkt über die Zukunft der deutschen Gesellschaft nach

Hamburgs Erster Bürgermeister hat sein erstes Buch vorgestellt und mit dem früheren Außenminister Joschka Fischer darüber geredet. Ein Ortstermin.

Von Hans Monath

Nein, Joschka Fischer will keine eindeutige Antwort auf die Frage geben, ob er sich doch Olaf Scholz statt Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidaten gewünscht habe. „Diesbezüglich war ich wunschfrei“, sagt der frühere Außenminister trocken. Und fügt hinzu: Die Entscheidung für Schulz sei ja „nicht falsch“ gewesen.

Die Frage ist deshalb spannend, weil der grüne Ex-Außenminister an diesem Freitag ein Buch von Scholz vorstellt – und das Werk und seinen Autor mit klaren Worten preist. „Hoffnungsland. Eine neue deutsche Wirklichkeit“ heißt das bei Hoffman und Campe erschiene erste Buch des Hamburger Bürgermeisters, in dem es um nichts Geringeres geht als um Migration, Europa, den Angriff der Rechtspopulisten und die Zukunft der offenen Gesellschaft. Im Berliner Büro des Börsenvereins des deutschen Buchhandels entwickelt sich trotz vieler Gemeinsamkeiten ein reger Schlagabtausch.

Nach Afghanistan würde Fischer niemanden zurückschicken

Für brandgefährlich hält es der Hamburger SPD-Politiker, wenn die Bürger beim Thema Migration den Eindruck gewinnen, der Staat habe „die Sache nicht im Griff“, wie er sagt. Dann nämlich trauten sie der Demokratie auch die Lösung anderer Probleme nicht mehr zu, das Vertrauen erodiere und die Feinde der offenen Gesellschaft bekämen Zulauf. Die Einsicht freilich erfordert harte Konsequenzen, vor denen manche zurückschrecken – nämlich wirksame Abschiebungen. Hunderttausende von Flüchtlingen könne man nur aufnehmen, „wenn wir sicherstellen, dass diejenigen, die sich zu Unrecht aufs Asylrecht berufen, dann nicht bleiben können“, sagt der Autor, der die Aufnahme von Flüchtlingen grundsätzlich für großartig hält. Wie eine solche konsequente Haltung das politische Klima beeinflusst, lässt sich an Hamburg studieren. Dort liegt die AfD in Meinungsumfragen nur bei 3,9 Prozent.

Dagegen will sich Fischer nicht in Stellung bringen lassen. Er sei zu lange in politischer Verantwortung gewesen, „um nicht Realist zu sein“, sagt er und fügt hinzu: „Wenn jemand keinen Bleiberechtsartikel hier hat, dann ist die Konsequenz, dass er gehen muss.“ Die Zuwanderungsgesellschaft sei „keine sanfte Veranstaltung“ – und sei es in der Geschichte auch noch nie gewesen. Nur nach Afghanistan, dahin würde Fischer anders als Scholz keine Menschen zurückschicken.

Klare Wertegrundlage

Spannend an dem Buch findet der frühere Außenminister, dass Scholz versuche, „eine Einwanderungsgesellschaft unter den Bedingungen eines entwickelten Sozialstaats durchzudeklinieren“. Trotz Differenzen in Einzelpunkten bringt Fischer dann seinen Eindruck von Autor und Werk auf eine griffige Formel: „Das Buch repräsentiert für mich die Tugenden und Stärken von Olaf Scholz, nämlich auf klarer Wertegrundlage und mit hoher Kompetenz einen sehr überzeugenden und pragmatischen Ansatz zu haben, also die Dinge zu lösen, die praktischen Fragen, die sich stellen.“

Mehr Lob geht in der Politik eigentlich kaum, aber Fischer war ja einst auch Realpolitiker. Seine These von der Unersetzbarkeit Angela Merkels in der Krise Europas will der Ex-Außenminister auf Nachfrage nicht wiederholen – da ist ja nun der aussichtsreiche Konkurrent Martin Schulz. „Möge der oder die Bessere gewinnen“, sagt er salopp. Nur eines will der Anhänger westlicher Werte keinesfalls: Rot-Rot-Grün. Dann nämlich, so warnt er, wären „die Nationalisten von links in der Bundesregierung“. Der gepriesene Autor, der das vermutlich kaum anders sieht, schweigt zu diesem Thema.

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