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Wer kann uns jetzt regieren? TV-Talk bei Frank Plasberg

© Hart aber fair

TV-Talk "Hart aber fair" zum Jamaika-Aus: Krise? Wir sind doch ganz normal…

Keine 24 Stunden nach dem Aus für eine Jamaika-Koalition bittet Frank Plasberg bei "Hart aber fair" die Kontrahenten an einen Tisch. Die Hauptdarsteller bleiben fern.

Vielleicht sind die Deutschen einfach nur nicht gewohnt, was in anderen Demokratien gang und gäbe ist. Dass ein Wahlergebnis keine eindeutigen Regierungsbildungen zulässt, dass Verhandlungspartner zicken und zocken, dass Jungpolitiker Profilierungsneurosen haben,  dass ihnen die Verhandlungsroutine fehlt, oder dass sie nur nicht offen sagen wollen, dass ihnen das Mitregieren eigentlich egal ist, dass sie einfach nur demonstrieren wollen, dass sie auch mal eine Option platzen lassen können...

Dass Frank Plasberg sich keine 24 Stunden nach dem geradezu melodramatischen Ausstieg der FDP aus den Jamaikaverhandlungen am Montagabend zutraute, die Kontrahenten und die abseits stehende SPD an den Tisch zu bitten, spricht für seinen wachen Nachrichteninstinkt. Wenn es nicht ganz gelang, die Nebel jener Nacht zu lichten, ist es weniger ihm anzulasten als der Tatsache, dass zu viele der Hauptdarsteller aus der ersten Reihe einfach müde oder zu  feige waren, zu ihm zu kommen, oder sich die, die kamen, als zu leichtgewichtig erwiesen.

Das galt für den Vorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, der eigentlich ein profilierter Nachwuchskonservativer  der Union ist, aber an diesem Abend nun wirklich nichts anderes tun konnte und durfte als seine Parteivorsitzende zu loben. Das galt für Dorothee Bär von der CSU, Staatssekretärin im Dobrindt-Ministerium, die durchaus, innerlich bewegt, in der Rolle als „her masters voice“ brillierte. Dass der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner nicht nur seine Mundwinkel nach oben gebügelt hatte, sondern völlig überraschend sehr zurückhaltend argumentierte, hing vermutlich damit zusammen, dass seine Partei im Moment wirklich nicht weiß, wie sie mit der Lage zwischen Schmollerei und Verantwortung umgehen soll.

Politologe Patzelt: Endlich hört mal das Durchregieren auf

Bleiben die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer und Simone Peter, Vorsitzende der Grünen. Während Beer vehement bestritt, dass der nächtliche Ausstieg Christian Lindners nur Taktik gewesen sei, stellte Simone Peters genau diesen Vorgang als reinen Trick und Spielerei dar. Frau Beer interpretierte Lindners taktische (oder war es gar eine strategische) Richtung wohl geradezu entlarvend richtig, als sie sagte, „die“ (also CDU, CSU, und Grüne) hätten nichts verändern wollen, sondern alles nur mit einem bisschen ökologischen Landbau garnieren. Wer vermutete, dass es der FDP weniger um Machtteilhabe, als um Profilierung um fast jeden Preis ging bei diesem Eklat, konnte sich bei Plasbergs Sendung  bestätigt fühlen.

Dass diesmal aber, wohl zum ersten Mal in der bundesrepublikanischen Demokratiegeschichte, der Bundespräsident das letzte Wort haben könnte, daran erinnerten der Journalist Robin Alexander und der Politologe Werner Patzelt. Alexander wusste zu berichten, dass sich Frank-Walter Steinmeier die Protokolle der Jamaikagespräche vorlegen lassen will, um zu beurteilen, wer hier im Chaosmodus agierte. Und Patzelt regte an, den „deutschen Volkssport, über alles und jedes besorgt zu sein, hintenan zu stellen“. Er fand die Lage, wie sie ist, ganz okay – endlich höre mal das „Durchregieren“ auf. Und eine Minderheitsregierung findet er auch nicht so schlimm.

Eines müssen alle lernen: Wir werden mit dem Bundespräsidenten reden, sagte Simone Peter. Irrtum. Die Fragen werden diesmal im Bellevue gestellt.

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