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Zeltlager in Athen. Das Umverteilungszentrum in Schisto in der Nähe der griechischen Hauptstadt ist für die Aufnahme von 4000 Menschen ausgelegt.

© dpa

Griechenland: Die nächste Krise

Die Flüchtlingskrise trifft den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras mitten in seinen Bemühungen, die Rentenreform und Steuererhöhungen gegen den Widerstand der Landwirte durchzusetzen.

Die Flüchtlingskrise wird zunehmend zur Belastung für Griechenland. Derzeit halten sich nach Angaben der griechischen Regierung 22.000 Migranten in Hellas auf. Sie stecken in dem europäischen Krisenstaat fest, weil es an der Grenze zu Mazedonien im Norden des Landes nur noch für wenige Flüchtlinge ein Weiterkommen gibt. Nach den Worten des Athener Migrationsministers Ioannis Mouzalas könnte die Zahl der in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge im Monat März auf 50.000 bis 70.000 anwachsen.

Im Januar und Februar kamen 117.000 Migranten nach Hellas

Die Prognose des Ministers ist realistisch – für den Fall, dass der Übergang im griechischen Idomeni weiterhin ein Nadelöhr bleibt. Offenbar hat sich Mouzalas bei seiner Schätzung an der Zahl der bislang in Griechenland angekommenen Flüchtlinge orientiert. Bislang haben es in diesem Jahr 117.000 Migranten geschafft, die Meerenge zwischen dem türkischen Festland und den Ägäis-Inseln zu überwinden.

Jenseits der nüchternen Zahlen zeigt sich die Notlage der Flüchtlinge in Griechenland in diesen Tagen an mehreren Brennpunkten. Auf den Inseln werden nun mehr Flüchtlinge als bisher festgehalten, um den Druck von den bestehenden Aufnahmeeinrichtungen auf dem Festland zu nehmen. Dort sind die Flüchtlingslager überfüllt. Eine Sprecherin der EU-Kommission kündigte am Montag an, dass die Brüsseler Behörde alle verfügbaren Instrumente nutzen werde, um Griechenland bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge zu helfen.

Am Omonia- und Viktoria-Platz in Athen warten die Schlepper

Unterdessen ist der Athener Omonia- und der Viktoria-Platz zum Sammelplatz für viele Migranten geworden. Dort hoffen Flüchtlinge aus Afghanistan, aber auch aus Syrien, dass ihnen mit der Hilfe von Schleppern doch noch die Weiterreise nach Mitteleuropa gelingt. Inzwischen gilt der Weg über Albanien als Alternative zur versperrten Balkanroute.

Allerdings sind die Probleme der griechischen Behörden, den Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten, teils auch hausgemacht. Bereits im vergangenen Oktober war bei einem Brüsseler Spitzentreffen vereinbart worden, dass in Griechenland 50.000 Aufnahmeplätze geschaffen werden sollten. Getan hat sich seither wenig. Erst als die Lage in der vergangenen Woche eskalierte, kündigte der Athener Verteidigungsminister Panos Kammenos die Schaffung von 20.000 Übernachtungsplätzen an der Grenze zu Mazedonien und in der Nähe der Hafenstadt Thessaloniki an.

Unbekannte zünden Flüchtlingsunterkunft vor Umbau an

Doch der Bau der neuen Aufnahmeeinrichtungen könnte auf ähnliche Widerstände stoßen wie die Errichtung eines Registrierungszentrums („Hotspot“) auf der Touristeninsel Kos, wo Einwohner gegen die Errichtung der Aufnahmestelle protestierten. In Nordgriechenland zündeten am Wochenende Unbekannte zwei Lagerhallen an, die zu Flüchtlingsunterkünften umgebaut werden sollten. Auf der anderen Seite gibt es auch Zeichen der Hilfsbereitschaft: In Athen helfen Einwohner gemeinsam mit freiwilligen Helfern aus dem Ausland bei der Versorgung der in der Hauptstadt gestrandeten Flüchtlinge mit.

Die Flüchtlingskrise trifft Griechenland und den Athener Regierungschef Alexis Tsipras in einer schwierigen innenpolitischen Lage. Tsipras versucht derzeit, Steuererhöhungen und eine Rentenreform durchzusetzen – gegen den Widerstand der Landwirte. Tsipras sagte ihnen inzwischen zu, sich bei den internationalen Geldgebern für eine Ausnahmeregelung zu ihren Gunsten einzusetzen. Eine Reform des kostspieligen griechischen Rentensystems ist eine der wesentlichen Auflagen der Gläubiger, die sich mit Hellas 2015 auf ein drittes Hilfspaket mit einem Volumen von 86 Milliarden Euro verständigt hatten.

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