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Kein Grund für hohen Blutdruck. Die Krankenkassenausgaben steigen weniger als prognostiziert.

© Bernd Weißbrod/dpa

Gesetzliche Krankenversicherung: Krankenkassen machen Plus von 1,4 Milliarden Euro

Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr 2017 einen mehr als doppelt so hohen Überschuss erzielt wie im Vorjahr.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr einen Überschuss von rund 1,41 Milliarden Euro erzielt. Damit stiegen die Finanzreserven der 113 Kassen auf rund 17,5 Milliarden Euro, wie Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mitteilte.

Zurückzuführen ist das positive Ergebnis vor allem auf geringere Ausgaben. Für Klinikbehandlungen, dem mit Abstand größten Kostenblock, stiegen sie gerade mal um 2,5 Prozent. Im Gesamtdurchschnitt erhöhten sich die Einnahmen der Kassen um 4,3 Prozent, die Ausgaben aber nur um 3,7 Prozent.

Den höchsten Zuwachs gab es bei den Arztausgaben mit 5,1 Prozent, gefolgt vom Krankengeld mit einer Steigerung von 5,0 Prozent. Die Arzneiausgaben stiegen um 3,2 Prozent und die für zahnärztliche Behandlung um 3,9 Prozent. Überproportionale Zuwächse gab es mit jeweils 6,6 Prozent bei den Ausgaben für Heilmittel und häusliche Krankenpflege.

"Krankenkassen missbrauchen den Schätzerkreis"

Die Ausgabenentwicklung blieb damit deutlich unter den Prognosen des Schätzerkreises, der im Oktober vergangenen Jahres noch einen Zuwachs von 4,9 Prozent vorausgesagt hatte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nutzte dies zu heftiger Kritik. "Die Diskrepanz von Schätzung und Realität macht deutlich, dass die Krankenkassen das Instrument des Schätzerkreises mittlerweile missbrauchen", sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Um hier wieder Verlässlichkeit zu erzeugen, müssten die Leistungserbringer in den Schätzerkreis aufgenommen werden.

Auch vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie kam Kritik. „Die immer wieder heraufbeschworenen finanziellen Weltuntergangsszenarien der Kassen kann man angesichts dieser Zahlen nun wirklich nicht mehr ernst nehmen“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Norbert Gerbsch. Der Spielraum für überfällige Verbesserungen sei vorhanden.

Neumitglieder nehmen weniger Leistung in Anspruch

Zur Ausgabenverringerung habe auch der Umstand beigetragen, dass die Neuzugänge an Versicherten im Schnitt nicht nur jünger seien, sondern auch weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch nähmen als gleichaltrige Bestandsversicherte, hieß es im Ministerium. Allerdings hatten die Kassen zum Jahresbeginn auch für 3,8 Millionen Mitglieder die Zusatzbeiträge erhöht.

Im ersten Halbjahr 2016 betrug der Krankenkassen-Überschuss lediglich 598 Millionen Euro. Das höchste Plus erwirtschafteten die Allgemeinen Ortskrankenkassen mit rund 650 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen betrug der Überschuss 456 Millionen, bei den Betriebskrankenkassen 111 Millionen Euro. Lediglich die Landwirtschaftliche Krankenversicherung rutschte mit einer Million in die Miesen.

Die deutlich höheren Ausgaben für Todkranke waren gewollt

Einen besonderen Kostenanstieg gab es lediglich in den politisch gewollten Bereichen. So erhöhten sich die Kassenausgaben für Prävention gegenüber dem Vorjahreszeitraum um weitere zwölf Prozent. Bei der Hospiz- und Palliativversorgung führten Leistungsverbesserungen zu einer Zuwachsrate von jeweils rund 19 Prozent.

Die Verwaltungskosten der Kassen gingen pro Versicherten zurück, das Minus betrug rund 0,3 Prozent. Ursächlich dafür könnten vor allem Synergieeffekte bei größeren Kassenfusionen sein, hieß es im Ministerium.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml forderte die SPD angesichts der aktuellen Finanzentwicklung auf, ihre Forderung nach einer Bürgerversicherung fallen zu lassen. Für "ideologielastige Projekte wie eine Einheitsversicherung" fehle durch die positiven Zahlen jeder fachliche Grund, meinte die CSU-Politikerin.

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