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Wird US-Präsident Barack Obama die NSA an die engere Leine nehmen?

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Update

Geheimdienst-Skandal: Experten fordern von Obama weitreichende NSA-Reform

Werden dem US-Geheimdienst NSA die Flügel gestutzt? Die im Sommer bekanntgewordene Datensammelwut löste weltweite Empörung aus. Jetzt verlangt die eingesetzte Expertengruppe, dass Präsident Obama einige Missstände ausräumt. Doch will er überhaupt auf seine eigene Kommission hören?

Der Skandal um den amerikanischen Spähangriff auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Spitzenpolitiker anderer Länder könnte Konsequenzen für die Arbeit der US-Geheimdienste haben. Die von US-Präsident Barack Obama eingesetzte Expertenkommission zur Überprüfung der Geheimdienste fordert weitreichende Reformen der umstrittenen Überwachungsprogramme. In dem am Mittwoch vom Weißen Haus veröffentlichten Abschlussbericht mahnen die Experten eine Begrenzung der Datensammlungen sowie eine stärkere Zusammenarbeit mit verbündeten Staaten an. Die National Security Agency (NSA) müsse aber „robuste“ geheimdienstliche Fähigkeiten behalten, heißt es in dem Bericht.
Das Gremium komme zu dem Schluss, „dass einige der Befugnisse, die nach dem 11. September geschaffen oder ausgeweitet wurden, fundamentale Interessen bei der individuellen Freiheit, der Privatsphäre und beim demokratischen Regieren unzulässig opfern“, heißt es in dem mehr als 300 Seiten starken Bericht. Die Bürgerrechte und die Sicherheitsbedürfnisse im Kampf gegen den Terrorismus müssten in ein „besseres Gleichgewicht“ gebracht werden. Gleichwohl bedeute das nicht, dass der „Kampf gegen den Terrorismus vorbei ist“, erklärte Gremiumsmitglied Richard Clarke.
Obama hatte die mit Geheimdienst- und Rechtsexperten besetzte Kommission nach der weltweiten Empörung über die Spähaktivitäten der NSA ins Leben gerufen. Das fünfköpfige Gremium hatte Obama den Bericht mit insgesamt 46 nicht bindenden Empfehlungen vergangenen Freitag vorgelegt. Die eigentlich für Januar geplante Veröffentlichung zog das Weiße Haus nun aber wegen „unvollständiger und unzutreffender“ Medienberichte über den Inhalt vor.

Seit Juni sind durch die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht gekommen. So überwachte die NSA wohl nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von Menschen rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Experten verlangen unter anderem „bedeutende Schritte“ für den Schutz der Privatsphäre von ausländischen Bürgern. Auch die Kriterien für die Bespitzelung ausländischer Staats- und Regierungschefs müssten verschärft werden. In den USA soll der Geheimdienst nicht länger systematisch Telefondaten von Bürgern speichern dürfen.

Außerdem wird eine Reform des Spezialgerichts Foreign Intelligence Surveillance Court angeregt, das Spähaktionen im Inland billigen muss. Insgesamt fordert die Expertengruppe eine Serie entscheidender Reformen der Geheimdienstüberwachung. Ihr Bericht trägt den Titel „Freiheit und Sicherheit in einer sich ändernden Welt“. Als eine wesentliche Empfehlung nennt das fünfköpfige Gremium, dass der Geheimdienst NSA künftig gesammelte Telefondaten nicht mehr selbst speichern solle. Diese Aufgabe sollten private Unternehmen übernehmen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.
Nicht zuletzt fordern die Experten eine transparentere Arbeit des Geheimdienstes, der die Öffentlichkeit über die Reichweite seiner Aktivitäten informieren müsse. Sie schlagen außerdem die Einrichtung einer Behörde zum Schutz der Privatsphäre vor, die die Arbeit der Geheimdienste überwachen und Beschwerden entgegennehmen soll. Das Weiße Haus erklärte, der Präsident werde zusammen mit seinen Sicherheitsberatern entscheiden, in welchem Umfang die Empfehlungen umgesetzt würden.

Am Montag hatte ein US-Bundesgericht erstmals offen die Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der NSA in Zweifel gezogen. Das Gericht in Washington wertete das systematische Abgreifen von Telefondaten durch den Geheimdienst als gravierende Verletzung der Privatsphäre von US-Bürgern. Die Entscheidung ist allerdings vorläufig, um der Regierung die Möglichkeit zu einem Einspruch zu geben. Beobachter erwarten einen langen Rechtsstreit.
Die UN-Vollversammlung nahm unterdessen eine unter Federführung Deutschlands und Brasiliens ausgearbeitete Resolution zum Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter endgültig an. Das Plenum in New York billigte die als Reaktion auf die NSA-Spähaffäre eingebrachte Entschließung am Mittwoch im Konsensverfahren. Die nicht bindende Resolution stellt erstmals im Rahmen der UNO fest, dass die gleichen Rechte, die Menschen offline haben, auch online geschützt werden müssten. (dpa,AFP)

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