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Bundeswehr-Soldaten bei einer Übung in Niedersachsen.

© dpa

Fünf Jahre nach der Wehrpflicht: Für die Bundeswehr untauglich

Vor fünf Jahren wurde die Wehrpflicht abgeschafft – aus heute fragwürdigen Gründen. Und es hapert an vielen Ecken. Ein Kommentar,

Ein Kommentar von Michael Schmidt

Es ist der 26. Mai 2010. In der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist zu Gast bei der Tagung der Kommandeure der Streitkräftebasis. In einer Grundsatzrede verkündet der Baron aus dem Bendlerblock den Anfang vom Ende der Wehrpflicht. Begründung: Weil er sparen will, sparen soll, muss die Bundeswehr schrumpfen.

Weil das monetäre ein eigentlich sachfremdes Argument ist, erst recht wenn es um ein so hohes Gut wie die nationale Sicherheit in einer immer unsicherer werdenden Welt geht, wird er später mit Blick auf Auslandseinsätze wie in Afghanistan hinzufügen, die Wehrpflicht sei sicherheitspolitisch auch gar nicht mehr begründbar.

Zum Erstaunen aller, womöglich inklusive seiner selbst, gelang es dem CSU-Politiker, innerhalb kürzester Zeit eine der radikalsten Bundeswehrreformen überhaupt aufs Gleis zu setzen und, quasi en passant, einen Grundpfeiler und Markenkern konservativer Unionspolitik abzuräumen: die Wehrpflicht. Die Bundeswehr sollte kleiner, moderner und effizienter werden, kostengünstiger und einer neuen Sicherheits- beziehungsweise Bedrohungslage angepasst.

Heute ist die Truppe zu klein

Kleiner ist sie tatsächlich geworden. Geschrumpft von 250 000 Soldaten im Jahr 2010 auf 185 000 im Jahr 2016. Und selbst diese Sollstärke wird derzeit kaum erreicht: Es finden sich zu wenig Freiwillige, die den potenziell lebensgefährlichen Job machen wollen. Inzwischen gilt die Truppe als zu klein. Zu klein für all die Aufgaben, die man ihr, je länger, desto mehr, aufbürdet, von der Landesverteidigung über den Kampf gegen dschihadistische Terrormilizen bis zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen – eine Aufzählung, die sich verlängern ließe.

An der Modernisierung hapert es. Die Kasernen sind sanierungsbedürftig, das Material, Flugzeuge, Hubschrauber, marode bis zur Einsatzuntauglichkeit.

Die Effizienz lässt zu wünschen übrig

Die Effizienz lässt zu wünschen übrig. Es ist mehr als nur lästig, wenn die Truppe sich für ein Übungsmanöver Menschen und Gerät, hier einen Panzer, da ein Gewehr, aus allen Ecken der Republik zusammenklauben muss, weil nicht mehr alles an allen Standorten vorgehalten werden soll.

Die Bundeswehr wurde, wo nicht kaputt-, da doch in einen desolaten Zustand gespart. Deswegen ist auch das Sparziel inzwischen Makulatur: Die Truppe braucht Geld. Und sie soll es bekommen. Zumal die veränderte Sicherheitslage eine schon wieder veränderte ist. Als die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, gab es keine Bürgerkriege in Syrien und Libyen, gab es keinen „Islamischen Staat“, und die Nato verhandelte noch mit Russland über eine gemeinsame Raketenabwehr, statt sich über den Neoimperialismus von Wladimir Putin und die Annexion der Krim zu ärgern.

Ein Zurück wäre schwierig

Was also bleibt, welches Argument hat auch fünf Jahre später noch Bestand? Richtig ist: Militärisch hat die Wehrpflicht ihren Sinn verloren – der zuletzt auf sechs Monate verkürzte Wehrdienst machte eine wirksame Ausbildung kaum noch möglich.

Jetzt ist’s, wie es ist. Ein Zurück wäre schwierig. Würde auch kaum ein Problem der Bundeswehr lösen. Es gilt, aus dem Schlechten das möglichst Beste zu machen.

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