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Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, auf einer Protestveranstaltung gegen das Lohngleichheitsgesetz.

© dpa

Frauenpolitik: Bundestag beschließt Gesetze zu Lohngleichheit und Mutterschutz

Der Bundestag hat am Donnerstagabend zwei wichtige Gesetze beschlossen. Es geht um Lohngleichheit für Frauen und Mutterschutz. Kritiker sind skeptisch.

Frauen in Deutschland verdienen im Schnitt ein Fünftel weniger als Männer - damit soll es vorbei sein. Das ist zumindest das Ziel eines Gesetzes von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD), das der Bundestag am Donnerstag beschloss. Beschäftigte in Firmen ab 200 Mitarbeitern können künftig Informationen darüber verlangen können, was vergleichbare Kollegen verdienen. Kritikern zufolge bringt die Neuregelung den meisten Frauen aber "gar nichts".

Außer dem festgeschriebenen Auskunftsanspruch sieht das mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedete Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit vor, dass Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern zusätzlich ihre "Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit" überprüfen und regelmäßig einen öffentlich einsehbaren Bericht zum Thema Lohngleichheit vorlegen müssen.

"Wir wollen, dass Frauen genauso fair bezahlt werden wie Männer", erklärte Schwesig. Durch die Neuregelung müssten sich die Unternehmen mit ihren Entgeltstrukturen beschäftigen. Die SPD-Ministerin hofft auf einen "Kulturwandel" in Firmen und Gesellschaft, damit das Tabu gebrochen wird, über Geld nicht zu sprechen.

Es gibt viel Kritik. Die Grünen glauben nicht, dass Schwesig ihr Ziel durch das Gesetz erreicht. Das darin enthaltene Auskunftsrecht bringe mehr als 90 Prozent der berechtigten Frauen "gar nichts", kritisierte die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke. "Sie könnten einfach bei der Gewerkschaft nach ihrem Tarifvertrag fragen." Mehr Auskunft würden sie von ihrem Arbeitgeber auch nicht bekommen.

"Nur fünf Prozent der Unternehmen sind zu einer betrieblichen Prüfung ihrer Entgeltstruktur aufgefordert", kritisierte Müller-Gemmeke. Eine "Verpflichtung" dazu gebe es nicht. Prüfverfahren müssten aber verpflichtend seien, "sonst täuscht dieses Gesetz nur politisches Handeln vor".

Frauen in Deutschland verdienen im Durchschnitt 21 Prozent weniger als Männer. Selbst wenn herausgerechnet wird, dass sie häufiger in Teilzeit arbeiten, seltener Führungsposten übernehmen und eher in schlechter bezahlten Berufen tätig sind, verbleibt noch immer eine Lücke.

Weniger Beschränkungen für Schwangere

Für Schwangere sollen künftig weniger starre Arbeitszeitbeschränkungen gelten. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstagabend eine Reform des mehr als 60 Jahre alten Mutterschutzgesetzes. Sie beinhaltet außerdem Verbesserungen für Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen, die ein Kind erwarten. Zudem wird der Mutterschutz bei behinderten Kindern oder bei Fehlgeburten ausgeweitet.

"Mit dem neuen Gesetz wird der Mutterschutz zeitgemäßer und den modernen Anforderungen angepasst", erklärte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). "Mit der Reform wird nicht nur der Mutterschutz modernisiert, künftig sollen auch mehr Frauen vom gesetzlichen Mutterschutz profitieren."

Das bislang geltende Mutterschutzgesetz stammt aus dem Jahr 1952. Werdende Mütter dürfen demnach in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung eigentlich nicht mehr beschäftigt werden - nach der Entbindung bis zum Ablauf von acht Wochen gar nicht. Bei Früh- und Mehrlingsgeburten gilt eine Frist von zwölf Wochen.

Dies gilt künftig auch für Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen gelten. Sie können während des Mutterschutzes für verpflichtende Veranstaltungen, Prüfungen oder Praktika Ausnahmen beantragen, ohne deswegen Nachteile zu erleiden.

Mütter von Kindern mit Behinderung erhalten künftig vier Wochen länger und damit insgesamt zwölf Wochen Mutterschutz nach der Geburt. Erweitert wird der Kündigungsschutz auf Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlitten haben.

Zugleich werden die Arbeitszeitbeschränkungen für werdende Mütter gelockert. Unabhängig von der Branche können alle schwangeren Frauen künftig mitentscheiden, ob sie sonn- und feiertags arbeiten wollen.

Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr beschäftigen. Künftig ist das nun bis 22.00 Uhr möglich, sofern die Frau einwilligt, die zuständige Behörde das nicht ablehnt und aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht. Gleiches gilt unter bestimmten Bedingungen für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen.

Der Lebenswirklichkeit angepasst

Vorrang vor Beschäftigungsverboten hat künftig die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder der Wechsel an einen anderen Arbeitsplatz. Die Neuregelungen sollen im Wesentlichen ab dem 1. Januar 2018 gelten.

Damit werde das jahrzehntealte Mutterschutzgesetz "an die heutige Lebenswirklichkeit" angepasst, erklärte der familien- und frauenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg. Keiner Frau sei damit gedient, "wenn sie aus übertriebener Vorsicht unter eine Schutzglocke" gedrängt werde, obwohl eine weitere Beschäftigung durchaus möglich wäre.

Die Linkspartei fürchtet hingegen, dass Frauen unter Druck gesetzt werden. "Während früher Schwangere vor dem Zugriff der Arbeitgeber geschützt waren, sollen diese nun verhandeln dürfen, in welchem Umfang sie Schutz für sich und ihr ungeborenes Kind in Anspruch nehmen", erklärte Jutta Krellmann, Sprecherin der Linksfraktion für Arbeit und Mitbestimmung. "Als Frau und als Gewerkschafterin schwillt mir da der Kamm."

Das Zukunftsforum Familie (ZFF), ein Zusammenschluss von Sozial- und familienpolitischen Verbänden, begrüßte die Reform, forderte aber weitere Verbesserungen bei der finanziellen Absicherung von jungen Müttern. Eine Unterbrechung der Ausbildung oder des Studiums könnten sich nur diejenige leisten, die auch abgesichert seien, erklärte die Vizevorsitzende Birgit Merkel. (AFP)

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